Dachziegel

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Dachziegel (mhd. ziegel v. lat. tegula = Dachziegel, Deckplatten; mhd. auch dachstein, havenziegel). Im nördlichen Europa hatten zwar schon die Römer ihre Bauten mit gebrannten Tonziegeln gedeckt, doch war diese Technik zusammen mit der Römerherrschaft untergegangen. Erst die Klöster belebten im Frühmittelalter die Ziegelmacherei aus Neue. Das Kloster Altenmünster bei Lorsch soll um 770 bereits ziegelgedeckte Dächer gehabt haben. Die ältesten erhaltenen Dachziegel sind die aus dem Kloster Hirsau vom 11./12. Jh, es folgen Datierungen aus Herrenalb von 1431 bis 1475 und aus Klosterreichenbach (einer Filiation von Hirsau) von 1471.

Vom 11. Jh. an wurden auch Profanbauten, hauptsächlich wegen der Feuersgefahr bei Schindel-, Reet- oder Strohdächern, wieder mit Ziegeln gedeckt. Ziegeldächer fanden auf dem Land später Verbreitung als in der Stadt, wo sie oft durch Bauordnungen erzwungen (z.B. Frankfurt a.M. 1386, 1439, 1466) oder gefördert wurden (Göttingen, 1342; München, 1347; Bern, 1375 – 1384; Utrecht, 1402; Erfurt, 1427). Trotz der Zwangs- und Fördermaßnahmen blieben Häuser mit Ziegeldeckung bis ins Spätmittelalter in der Minderheit, waren Statussymbol der wohlhabenderen Einwohnerschaft. Grund dafür waren neben dem hohen Preis das enorme Eigengewicht der Ziegeln (ein Quadratmeter Ziegelfläche wog etwa 110 kg) bei geringer Belastbarkeit der Außenwände von Fachwerkhäusern.

Alle Ziegel haben hochrechteckige Form, sind etwa 1,5 cm dick und werden mit einer an der Unterseite befindlichen Nase (“Ziegelhaken”) in die Lattung eingehängt und untereinander mit Mörtel verbunden. Als älteste Ziegelform gelten Mönch und Nonne (muldenförmige, breite Unterziegel und obengewölbte, schmalere Deckziegel, jeweils konisch nach oben zu schmäler werdend; die unteren Nonnenziegel hängen mit ihrer rückwärtigen Nase an der Lattung); die im Querschnitt S-förmigen Hohlziegel (“Klosterpfannen”, der Form nach einteilige Mönch-Nonnen-Ziegel) aus welchen Bischof Bernward von Hildesheim (960 – 1022) den Krempziegel entwickelt haben soll; bei diesem greift eine rechtsseitige, konisch zulaufende Krümmung (Krempe) über den hochgebogenen linken Rand des folgenden Ziegels (“Rechtsdeckung”). – Die flachen Biberschwanzziegel kommen erst im Spätmittelalter auf. Sie sind am unteren Rand mit Spitz-, Gerad- oder Rundschnitt ausgeformt.

Mit glasierten Biberschwanzziegeln in verschiedenen Farben wurden prächtige Schmuckdächer gestaltet, wie z.B. bei St. Stephan in Wien oder am Mangturm in Lindau.

(s. Dachdecker, Dachdeckung, Ziegelherstellung, Ziegler)

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