Edelsteine, magische Wirksamkeit der

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Edelsteine, magische Wirksamkeit der. Das Wissen um die magischen Kräfte der Edelsteine geht auf antike Autoritäten zurück (Plinius, Dioskurides), wurde im Mittelalter als Abglanz der göttlichen Schöpfung interpretiert und in naturkundlichen Büchern (z.B. des Konrad von Megenberg [s. Krötenstein] oder des Albertus Magnus) und in Lapidarien (Steinkunde-Büchern) zusammengestellt (z.B. im “Liber de lapidibus” der Hildegard von Bingen oder in “De gemmis” des Bischofs Marbod). Edelsteine wurden zu magischen Praktiken gehandhabt, als Amulette getragen oder in pulverisierter Form eingenommen (Albert: “lapides pretiosi praeter alios habent mirabiles virtutes”). Gelehrte hielten die Wirksamkeit der Steine als von der Macht der Gestirne eingegeben. Es bestanden komplizierte Systeme kosmischer Entsprechungen (Sympathien) zwischen den Edelsteinen einerseits und den Planeten und Tierkreiszeichen andererseits, die sich in tabellarischen Tafeln niederschlugen. Einige Beispiele:

Achatstein (Augenstein, Echites; mhd. achate, agates, agatstein). Zumal wenn er annähernd von Augenform war, wehrte den Bösen Blick und Schlangenbiss ab; außerdem sollte er klug und beredsam machen, Trugbilder und Melancholie vertreiben und gut bei Magenschmerzen sein. “Er hilfft schwangeren frawen kreftiglich das in die geburt nit abgehe …” (K. v. Megenberg).

Amethyst (v. grch. amethyein = nicht betrunken, wohl weil seine Farbe an verdünnten Rotwein gemahnt) bewahrte vor Trunksucht und Trunkenheit, vertrieb böse Geister und schützte die Felder vor Unwetter und Heuschrecken. Amethystwasser wurde gegen fleckige Gesichtshaut empfohlen. Das Prüller Steinbuch weiß: “Der in treit, der wirt geminnet von den edelen vrouwen unte wirdet fersmahet von den diuwen”.

Aquamarin versprach glückliche Verheiratung, Heilung von Leberschmerzen und von Zahnweh. Zu Pulver zerstoßen und eingenommen heilte er Augenleiden.

Beryll war ein Mittel gegen Faulheit; er mildert Leberschmerzen, hilft gegen Schluckauf und Rülpsen.

® Diamant galt als wirksam gegen Verwünschungen, Pest und verschiedene Vergiftungen. Er gab seinem Träger heiteren Sinn, Glück in der Schlacht und in der Ehe. Er verscheuchte Gespenster, machte unverwundbar und verlieh Unsichtbarkeit. In Wein oder Wasser gelegt (Diamantwasser) half er gegen Gelbsucht. Im Mund getragen besserte er das Verhalten von Jähzornigen, Irrsinnigen und Lügenhaften.

®Granat beschützte die Reisenden und sicherte ihnen einen guten Empfang.

Jaspis verhalf dem Mann zu Erfolg in der Liebe und zu Potenz, er bewahrte bei Verwundungen vor Verbluten. Auf die schmerzende Stelle aufgelegt, linderte er Gichtbeschwerden. Nachts auf der Haut getragen, sollte er Alpträume abwenden. Er hilft den Frauen bei der Geburt.

Ein Trunk aus erwärmtem Wein mit darin eingelegtem Karneol brachte Nasenbluten zum Versiegen.

Tiefrote, rosa und weiße Stücke der Edelkoralle (s. Koralle) aus dem Mittelmeer waren begehrt als unheil- und schmerzabwehrendes Schutzmittel für Kinder und als Apotropäum gegen Gewitter. Korallenpulver war Bestandteil mittelalterliche Lebenselixiere, Liebestränke und Allheilmittel.

Malachit, von sattgrüner Farbe, soll in seinem Träger Hoffnung und Treue erwecken. Als Therapeutikum hilft er gegen so unterschiedliche Leiden wie Rheuma, Herzbeschwerden, Angstzustände oder Augenkrankheiten.

Onyx heilte – zusammen mit Koralle verwendet – die Fallsucht.

Opal machte vergiftete Speisen ungefährlich.

® Perlen und Perlmutt wurden zu den Edelsteinen gerechnet und standen wegen schimmernden Glanzes im Ruf magischer – besonders giftwidriger und aphrodisierender Kraft.

®Rubin, (gleichgesetzt mit dem legendären Karfunkel), auch Waise genannt, da man annahm, dass er nur jeweils als Einzelstück, quasi verwaist vorkomme, heilte Kopfweh, verhalf zu menschlicher Güte, zu Grundbesitz und Titeln, bewahrte vor Verführungen und vor Schiffbruch.

Saphir bewirkte – von der begehrten Frau mit Wein übergossen – das Erlöschen der “glühenden Begierde” eines liebestollen Mannes (und vice versa). Er schützte vor Skorpionbissen und half, in den Mund genommen, gegen innere Krankheiten. Er galt als Stütze bei Keuschheitsgelübden, befreite Gefangene und wirkte blutstillend.

Smaragd verzögerte oder beschleunigte die Geburt, je nachdem er auf Schoß oder Schenkel der Schwangeren gelegt wurde. Bei Fallsucht bestrich man Stirn und Schläfen mit einem im Mund angewärmten Smaragd, außerdem wirkte er als Antidot bei Vergiftungen aller Art und, am Körper getragen, gegen Geschwüre, Herz- und Magenschmerzen. Unkeusche Mädchen erkannte man daran, dass sie einen mit Smaragdsplittern versetzten Trank nicht bei sich behalten konnten.

Topas wurde gegen Melancholie und Seekrankheit verordnet; er brachte reichen Handelsgewinn und löschte – in den Mund genommen – den Durst.

Zirkon, zerstoßen und mit Honig eingenommen, förderte die Milchbildung bei Stillenden.

Dafür, dass es auch Zweifler an der Zauberkraft der Edelsteine gab, soll Vers 38 aus dem 200 Verse umfassenden Spottgedicht des Strickers (Anfang 13. Jh.) sprechen:

“nu ist manges tumpheit so starc,

daz er wol swüere, ez waere war

die lüge die man manic jar

von der steine tugende hat gesaget.”

(s. Lapidarium, Lapislazuli, Steinsegen, Tiersteine )

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