Energiequellen

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Energiequellen. Den antiken Kulturen des Mittelmeerraumes hatte die Muskelkraft von Menschen und Tieren zur Bewältigung landwirtschaftlicher und gewerblicher Arbeiten genügt. Wassermühlen waren schon im ersten vorchristl. Jh. bekannt gewesen, haben jedoch – verglichen mit Göpelwerken – in mediterranen Landschaften nur eine untergeordnete Rolle gespielt, schon wegen des dortigen Mangels an ganzjährig gleichmäßig fießenden Gewässern. Getriebelose Stockmühlen erbrachten die Leistung eines Eselgöpels, unterschlächtige Waserräder mit Umlenkgetriebe erbrachten mit drei Pferdestärken die sechsfache Leistung. (Es hätte der Arbeit von ca. 40 Handmühlen bedurft, um die Leistung einer solchen wasserradgetriebenen Mühle zu erreichen.) Das christl. Abendland, zur Abschaffung der Sklaverei tendierend und an der Optimierung mechanischer Arbeiten interessiert, knüpfte wieder an die Mühlentechnik der Antike an. Im europäischen Norden waren es vom 9. Jh. an besonders die Mönchsingenieure der Benediktiner-, später die der Zisterzienser- und Prämonstratenserorden, welche die Mühlentechnik wieder aufnahmen und für vielerlei Zwecke tauglich machten. Nach ihrem Vorbild richteten finanzkräftige Grundherren eigene Wassermühlen ein, deren Technik – bei aller lokal bedingten Zweckbestimmung – zwischen Schottland und Ungarn überall die gleiche war. (s. Tiermühlen, Wasserkünste, Wassermühlen, Wasserrad, Werkmühlen)

Eine autochthone Erfindung des Mittelalter ist die Gezeitenmühle, wie sie seit dem 13. Jh. an nordwesteuropäischen Flussmündungen entstanden, so z.B. an der Rance/Bretagne (bei St. Malo), an der Adour/Gascogne (bei Bayonne) oder am Deben/Suffolk (bei Woodbridge). Daneben ist eine derartige Mühlenanlage für die Lagune von Venedig belegt (1044, 1078).

Gezeitenmühlen waren stets unterschlächtig. Sie lagen tief im Mündungstrichter eines Flusses, wo Flussbreite und Wassertiefe gering genug waren, um den Wasserlauf mit einem Damm sperren zu können. Das bei Flut auflaufende Wasser strömte durch das Schwingtor eines Siels in ein Staubecken hinter dem Damm. Bei ablaufendem Wasser schloss sich das Tor durch den Druck des Stauwassers, und wenn der Pegel unterhalb des Damms weit genug gefallen war, öffnete der Müller das Mühlengerinne und das angestaute Wasser strömte das Mühlrad an. Nachteile der Gezeitenmühlen waren die Beschränkung der Arbeitszeit auf einige Stunden täglich und die von Tag zu Tag wechselnden Flutzeiten.

Ebenfalls eine Erfindung des abendländischen Mittelalter ist die Windmühle mit waagrechter Achse und senkrechtem Windrad. Die Technik von Getriebe und Mahlwerk konnte von der Wassermühle übernommen werden. Seit dem Ende des 12. Jh. schossen Windmühlen überall dort aus dem Boden, wo es an Wasserkraft, d.h. an Flüssen mit ausreichendem Gefälle, mangelte und wo ausreichende Windhöffigkeit bestand, wie etwa im norddeutschen Küstenland, in Holland, Flandern oder in England. Die Effektivität der Windmühlen war so groß, dass es zu häufigen Auseinandersetzungen mit den Betreibern von Wassermühlen kam.

Windenergie beflügelte auch die Schifffahrt des MA., welche sie mit immer ausgefeilterer Besegelung und Takelage nutzte.

Wie mittelalterliche Abbildungen zeigen, bediente man sich der Strömungsenergie der vom Herdfeuer aufsteigenden Heißluft, um Propeller mit eisernen Flügeln in Drehung zu versetzen, die ihrerseits einen oder mehrere Bratspieße umtrieben.

Die physikal.-chemische Energiefreisetzung des Feuers half bei der Nahrungszubereitung, bei Erwärmung und Beleuchtung von Innenräumen und bei technischen Verrichtungen wie z.B. beim Erschmelzen und Schmieden von Metallen, beim Glasmachen und Ziegelbrennen oder beim Feuersetzen im Bergbau.

Die Lageenergie des Zuggewichts wurde zum Antrieb der Räderuhr genutzt, Lageenergie erleichterte auch die Arbeit an Hebewerken wie z.B. am Ziehbrunnen mit Doppeleimerbetrieb.

Die chemische Energie des Schießpulvers revolutionierte das Kriegswesen und wurde vom Spätmittelalter an auch bei Sprengarbeiten genutzt.

Bei aller Technisierung blieb Muskelkraft bis ans Ende des Mittelalter unentbehrlich (s. Arbeit, Aufzug, Baumaterialtransporte, Hilfsarbeiter, Kran, Sklave, Tierkraft, Göpelwerke, Lasttiere, Treideln, Tretrad, Zugtiere). Mit dem Aufkommen des Kummets in der Pferdeanspannung (um 800; s. Agrartechnik) steigerte sich die Zugleistung der Tiere von ca. 250 kp auf ca. 3.000 kp; etwa die gleiche Zugkraft, aber bei wesentlich geringerer Geschwindigkeit, erbrachte der Zugochse. Im Verhältnis zur Arbeitsleistung eines Pferdes betrug die Leistung eines Ochsen (aufgrund der geringeren Geschwindigkeit) 60%, die eines Maultiers 50%, eines Esels 25% und eines Menschen um 10%.

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