Ernährung

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Ernährung (mhd. narunge, nerunge = Nahrung, Unterhalt; lat. victus, sustentatio). Der größte Teil der mittelalterliche Bevölkerung war mit der Beschaffung der Nahrungsmittel beschäftigt, in deren Erwerb die Verbraucher weit mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit investieren mussten. Hauptnahrungsmittel des Mittelalter waren – bei örtlichen und regionalen Unterschieden – das Getreide, das zu Brei, Suppe, Fladen, Brot und Bier verarbeitet und auch als Viehfutter verwendet wurde, sowie eine Vielzahl von Gemüsesorten. Fleisch von Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen, Geflügel und jagdbaren Tieren spielte im Frühmittelalter eine größere Rolle als im HMA., da im 12./13. Jh. die Weideflächen zugunsten der Ackerbauflächen verkleinert wurden und Wild zunehmend aus der Allgemeinnutzung genommen worden war. Um die Mitte des 14. Jh. kam es im Gefolge der Agrarkrise zu einer erneuten Ausweitung der Viehwirtschaft und des Fleischkonsums. Insgesamt war der Fleischverzehr von umso geringerer Bedeutung, je geringeren Standes die Leute waren. Neben Getreide-, Gemüse- und Fleischprodukten hatten wesentlichen Anteil an der Ernährung Milchprodukte (Käse, Molke, Butter), Eier, Obst, Beeren, Nüsse und Pilze, sowie – nicht nur an den zahlreichen Fasttagen – Süß- und Salzwasserfische. Der Fettbedarf wurde in den Ländern nördl. der Alpen hauptsächlich aus gesalzenem oder geräuchertem Schweinespeck bzw. aus Schweineschmalz gedeckt, Butter spielte wegen der geringen Haltbarkeit eine untergeordnete Rolle. (In Südfrankreich, Spanien und Italien wurde statt tierischer Fette Olivenöl verwendet.) In der Ernährung der adligen Oberschicht spielte Wildpret mit ca. 5 % des – insgesamt höheren – Fleischverzehrs eine hochgeschätzte, aber unwesentliche Rolle. Met, Wein und Bier hatten einen festen Platz auf dem tägl. Speiseplan, und wurden gerne auch über den Bedarf hinaus getrunken.

Das Nahrungsmittelangebot war in hohem Maße von der Jahreszeit abhängig und somit saisonalen Schwankungen unterworfen. Eine gleichbleibende Versorgung mit Frischfleisch kannte man nur in den Städten, auf dem Lande wurde stets am Winteranfang geschlachtet. Die Ernährungsgrundlagen wurden durch witterungsbedingte Missernten, durch massenhaften Schädlingsbefall, durch Vernichtung seitens feindlichen Kriegsvolks und aufgrund ungenügender Konservierungs- und Bevorratungsmöglichkeiten immer wieder auf fatale Weise bis hin zu Hungersnöten geschmälert. Der seit dem 11. Jh. auch mit Nahrungsgütern (Getreide, Vieh, Fisch, Wein) betriebene Fernhandel konnte die Mindererzeugung in Katastrophenjahren nicht ausgleichen.

Die Ablehnung von Fleischverzehr aus tierethischen Günden war im Mittelalter unbekannt, dagegen galt eine vegetarische Ernährungsweise als Ideal der Askese, sei es – nach dem Vorbild des hl. Hieronymus – bei Eremiten und Mönchen, oder bei Ketzern wie den Bogomilen und Katharern.

Der Verzehr von frischen, rohen Früchten galt gemeinhin als nicht zuträglich. Hildegard v. Bingen empfahl, Obst und Gemüse vor dem Essen gründlich zu kochen und zu würzen, damit sie im Magen leichter fertiggekocht werden könnten. Die durch langes Garen und Pürieren unansehnlich gewordenen Speisen wurden durch Zugabe stark färbender Pflanzenteile (Brombeeren, Holunderbeeren, Kirschen, Petersilienblätter, Sandelholz) farblich aufgewertet. Schwacher oder abweichender Geschmack wurde durch Gewürze oder Luxusbeikost wie Feigen, Mandeln oder Granatäpfeln verbessert.

Unverzichtbarer Bestandteil der Ernährung von Mensch und Tier war seit jeher das Salz, das zudem noch bei der Konservierung von Nahrungsmitteln eine große Rolle spielte. Zur geschmacklichen Aufwertung fanden Essig und eine Vielzahl von Gewürzen Verwendung.

„Bei der Ernährung in spätmittelalterlichen deutschen Städten geht die Forschung beim Verbrauch Erwachsener … von durchschnittlichen 200 kg Brotgetreide und 50 kg Fleisch pro Person und Jahr sowie von mittleren 1,3 Liter Wein pro Kopf und Tag aus.“ (Zit. Fouquet/Zeilinger)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Nahrungsmittelangebot des Mittelalter zwar starken Unterschieden nach Stand und Vermögen, nach den jeweiligen natürlichen Gegebenheiten, nach Ernteergebnissen und Verkehrsanbindung unterworfen war, insgesamt aber vielseitig und – von einem mangelhaften Vitamingehalt abgesehen – durchaus zureichend war.

(s. Bier, Blamensier, Brei (Speise-), Brot, Buchweizen, Butter, Companagium, Eintopf, Essig, Fasten, Fisch, Fleisch, Garküche, Gartenbau, Geflügel, Gemüse, Getreide, Gewürze, Hausgarten, jagdbare Tiere, Käse, Kochbücher, Konservierung, Krebse, Mehl, Met, Muscheln, Nahrung aus dem incultum, Nahrungsmittel, Nudeln, Nuss, Obstbau, Ochsenhandel, Pastete, Pilze, Rosinen, Salz, Sauerkraut, Schaugerichte, Soßen, Speisenfolge, Speisevorschriften, Sülze, Stärke, Suppe, Teigwaren, Wein, Vegetarismus, Schnecke (Weinbergschnecke), Wildobst, Wurst)

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