Fasnachtsspiel

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Fasnachtspiel. Wohl aus den Maskenumzügen zum Winteraustreiben und dem Brauch, bei dieser Gelegenheit ungestraft Kritik und Unmut loszuwerden (“Narrenfreiheit”), entstand die spätmittelalterliche städt. Sitte, die letzten Tage vor der Fastenzeit mit komischen, seltener lehrsamen Spielen zu würzen. Die Stücke wurden meist von Handwerksgesellen in Wirtshäusern oder Zunftstuben aufgeführt, wo die Spielertruppe, angemeldet oder überraschend, in eine Fasnachtsgesellschaft einbrach, sich etwa eine halbe Stunde lang produzierte und dann zum nächsten Spielort weiterzog. Erste Erwähnung findet das Fasnachtspiel in einer Urkunde der Stadt Hall/Tirol aus dem Jahre 1426. Es entwickelte sich, landschaftlich höchst unterschiedlich, als bürgerliches Sprechtheater mit monologischen Reden und Gegenreden. Strotzen die Nürnberger Fasnachtsspiele von unflätigen Zoten und arroganter Überheblichkeit des Städters über den tölpelhaften, tumben Bauern, so sind die Fastnachtsspiele österreichisch-bairisch-alemannischen Raum eher gemütlich-humorvoll und auch im Spott noch gutmütig. Niederdeutsche, insbesonders Lübecker Spiele, haben eine moralisierend-erzieherische Tendenz.

Insgesamt hatten die Fasnachtsspiele Ventilfunktion für sozialen, politischen, sexuellen und antiklerikalen Konfliktstau. Der grobe Bauer (Heinz Mist, Jeckel Schmutzindigelten o.ä.), der ludrige Ritter, der törichte Ratsherr, das zänkische, geizige oder geile Weib, der pfiffige Quacksalber, der liederliche Mönch waren beliebte Ziele eines grotesk-grobianischen Spotts.

Was im Regelfall streng tabuiert war, durfte im Ausnahmefall des Fasnachtspiels unverblümt ausgesprochen werden. Ein Ausschreier (Präcursor) sagte das Spiel an (s. Prolog), bezog das Publikum durch direkte Anrede mit ins Spielgeschehen ein und beendete es mit einem Epilog.

Bedeutendste Vertreter des süddt. spätmittelalterliche Fasnachtspiels waren Hans Rosenplüt (“Der fastnacht und fastenrecht spiel”; “Des König von Engellant Hochzeit”) und Hans Folz (“Ein fastnachtspil von einem pawrngericht”; “Von König Salomon und Markolfo”; “Des Türken Vasnachtspil”). Auch wurde eine kürzere Version des Neidhartspiels als Fasnachtschwank dargeboten.

Von gänzlich anderer Art waren die niederdt. Fasnachtspiele, in denen sich zum Zwecke der Belehrung Ernst und närrische Weisheit verbanden. In Lübeck beispielsweise hatte sich 1379 die patrizische Spielervereinigung der ®”Zirkelbrüder” mit der Maßgabe zusammengetan, alljährlich ein moralisierendes Fasnachtspiel aufzuführen. Die Spiele thematisierten Begriffe wie Treue, Freundschaft, Wahrheit, Rechtschaffenheit, Zucht usf. Der Epilog wurde oft von dem “weisen Narren” in Form einer Nutzanwendung gesprochen.

Wiederum anders geartet waren die Südtiroler Fasnachtspiele. Sie wandten sich an eine Gesellschaft, die – den Adel ausgenommen – alle Stände, vom Patrizier bis zum Bauern, umfasste. Bei aller Sozialkritik fehlte der arrogante, aggressive Bauernspott etwa der Nürnberger Fasnachtspiele, hatte sich doch in Tirol ein freies, stolzes Bauerntum erhalten. Darsteller waren Bürger, Handwerker und Bergknappen, der Themenkreis schloss die auch in Süddeutschland und Österreich gängigen Genres ein, also etwa Szenen um Gerichtsfälle (s. Gerichtsspiel), um Quacksalber (s. Arztspiel) oder um heiratswütige Jungfrauen.

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