Gottesfriede

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Gottesfriede (mlat. pax Dei). Erste religiös begründete, zeitlich und räumlich begrenzte Friedensgebote, besonders gegen das Faust- und Fehderecht des Adels gerichtet. Sie entstanden im 10. Jh. in S-Frankreich und verbreiteten sich im 11. Jh. auch in N-Frankreich, Burgund, Spanien, Italien und im Deutschen Reich. Unter Androhung von Kirchenstrafen (Kirchenbann, Einzug des Vermögens, Verfluchung, Buße, Züchtigung, Sakraments- und Grabverweigerung usf.) sowie Strafen an Leib und Leben wurden bestimmte Personen (Geistliche, Frauen, Kinder, Pilger, Juden (gegen Gebühr), sowie Bauern, Jäger und Fischer in Ausübung ihres Berufes) und Orte (Kirchen, Klöster, Friedhöfe, Äcker, Ackergerät, Mühlen, bäuerliche Wohnstätten, Straßen) gegen Gewaltverbrechen (Fehde, Brandstiftung, Notzucht, Raub, Verletzung, Totschlag) auf bestimmte Zeit unter Schutz gestellt (meist für die Zeit von Mittwoch Abend bis Montag Morgen; die Advents-, Fasten-, Osterzeit und hohe Kirchenfesttage; s. treuga Dei). Dem Fehdeverbot entsprach das Gebot, für Frieden zu sorgen, die Schutzbefohlenen gegen Übergriffe zu verteidigen, und sei es mit Waffengewalt. Nicht selten griffen geistl. Herren auch selbst zu den Waffen, um Friedensbrecher zu bekämpfen. Frühe Gottesfrieden waren die von 994 (“Pax”, “Pactum pacis”), 1000/14 (“Restauratio pacis et iustitiae”), 1019/21 (“Convenientia pacis”), 1027 (“Pactum sive treuga”), 1033 (“Pax et treva Dei”) und 1081 (Friedensgebot von Lüttich). 1095 unterstellte Papst Urban II. die Teilnehmer am 1. Kreuzzug und ihren Besitz einem Gottesfrieden. Seit dem 12. Jh. wurden die Gottesfrieden (etwa der 1083 in Köln von Bischof Sigwin verkündete oder der 1085 in Mainz in Anwesenheit Heinrichs IV. errichtete) durch die Landfrieden und andere Friedensordnungen abgelöst, die ebenfalls auf bestimmte Dauer und für bestimmte Territorien galten. Erst mit dem 1495 als Reichsgesetz aufgestellten ®”Ewigen Landfrieden” wurde von derartigen Begrenzungen abgegangen.

Gottesfrieden erlangten ihre zeitlich begrenzte Wirkung erst durch den feierlichen Schwur der Friedenswilligen. Wer den selbstverpflichtenden Schwur verweigerte, stellte sich selbst außerhalb des Friedens. Insgesamt gingen durch die Wirkung der Gottesfrieden die Fehden der milites stark zurück, kam es zu einer “Ethisierung des Kriegerberufes” (J. Fleckenstein).

Nicht in allen Reichen Europas wurden die Gottesfrieden aufgenommen: das normannische England, die skandinavischen und die osteuropäischen Reiche blieben davon unberührt.

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