Handel

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Handel (spätmhd., = Handlungsweise, Handeslgeschäft, Rechtsstreit. Mlat. ars negociatoria). Der Warenaustausch des Frühmittelalter baute auf spätantiken Traditionen auf, die trotz des Zusammenbruchs des Römischen Reiches – wenn auch auf einem wesentlich niedrigeren Niveau – fortbestanden. Reisende jüdische und orientalische Fernhändler (“Syri”) besuchten weiterhin Märkte an verkehrsgünstigen Orten und in den Bischofsstädten. Neben sie traten nun – raubend und handeltreibend – die Wikinger, aber auch Friesen, Slawen, Franken und Angehörige anderer Stämme. Sie handelten vorwiegend mit Luxusgütern: aus dem Nordosten kamen Sklaven (fast ausschließlich heidnische Slawen, daher der Name), Pelze, Robbenfelle, Bernstein, Wachs und Honig, aus der entgegengesetzten Richtung Edelmetalle, Waffen, Seide, Brokat, Wein, Gewürze und Salz. Gold und Silber waren anerkannte Zahlungsmittel, es wurde aber auch Naturaltausch betrieben. Im ganzen dürfte die abendländische Handelsbilanz des Frühmittelalter passiv gewesen sein.

Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände des täglichen Bedarfs wurden von Eigenleuten der weltlichen und geistlichen Grundherrschaften im Nahbereich vermarktet.

Im 11.-13. Jh. kam es – bedingt durch Bevölkerungswachstum, Aufblühen des Städtewesens und des Seehandels sowie neue Handelstechniken (kaufmännische Buchhaltung) – zu einem signifikanten Handelsaufschwung (“kommerzielle Revolution”). Fern- und Großhändler wurden sesshaft und leiteten als socii stantes ihre Geschäfte vom städtischen Kontor aus mithilfe von Spediteuren (socii tractantes). Sie zählten bald zur sozialen Oberschicht der Städte. Die Palette der Handelsgüter änderte sich: nicht mehr Luxusgüter sondern Gebrauchs- und Massengüter bestimmten den Umsatz. Dazu zählten: Woll- und Leintuche, Barchent, Getreide, Eisen, Holz, konservierter Fisch, Salz, Wein und Bier. Zum mächtigsten Handelsbund des Nordens wurde vom 13. Jh. die Hanse, die mit ihren Koggen den Handel über See von den Niederlanden über Skandinavien bis zum Baltikum und nach Rußland beherrschte. Beflügelnd auf die Entwicklung von Handel und Finanzwesen wirkten sich die Messen (Märkte für Wiederverkäufer) aus, die im 13. Jh. nach französischem Vorbild auch in deutschen Städten abgehalten wurden. Die Sicherheit auf den Handelsrouten wurde von den Territorialherren, durch deren Bereich sie führten, wenigstens pro forma durch Straßenfrieden und Geleit gewährleistet. Im Gegenzug profitierten diese durch Zölle und Mauten auf Straßen und Wasserwegen, an Brücken und Alpenpässen. Die Einnahmen der Städte stammten zu einem beträchtlichen Teil aus Marktzöllen und dem Stapelrecht (Anbietepflicht). Als Folge der “kommerziellen Revolution” erlangte das christl. Abendland im 13. Jh. erstmals eine aktive Handelsbilanz.

Außer dem Groß- und Fernhandel, und durch Welten von diesen getrennt, gab es den örtlichen und regionalen Klein- und Kleinsthandel. Bauern und Handwerker versorgten die Märkte mit ihren Produkten, hausierende Höker (mhd. hocker, auch grempeler; mlat. actionarius) zogen über das Land und boten aus ihrem Kramkorb, “Bauchladen” oder von ihrem Hundekarren vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse der Region an. Einen höheren sozialen Rang nahm der Krämer (lat. institor) ein, der in der Stadt einen Kramladen betrieb und Märkte besuchte. Er hielt ein umfangreiches Sortiment feil, darunter Nadeln, Garn, Spindeln, Spiegel, Kämme, Gürtel, Täschchen, Beutel und sonstigen Kleinkram, gelegentlich auch Gewürze und Drogen. Städtische Verordnungen schützten einheimische Krämer vor fremder Konkurrenz und suchten gleiche Bedingungen für die ortsansässigen Krämer zu schaffen. Krämer konnten zu Reichtum und Einfluss kommen, Krämerzünfte waren mitunter den Handelszünften an politischer Bedeutung ebenbürtig. Bis zum Spätmittelalter bildeten sich im Kleinhandel spezialisierte Gewerbe heraus, in denen auch Frauen bestimmte Domänen hielten (als Hökerinnen, Hühner- und Eierhändlerin, Milcherin, Käse- oder Obsthändlerin, Krämerin, Öl-, Senf-, Essigfrau usf.).

(s. Fracht, Frau (Kauffrau), Geleit(srecht), Handelsgesellschaften, Handelsgüter, Handelsmarken, Handelsreisen, Handelsrouten, Handelszentren, Hanse, Holzhandel, Kaufleute, Makler, Marktrecht, Messen (Ökon.),Sachversicherung (s. Versicherungen), Seeschiffe, Stapelrecht, Verpackung, Wagen, Zoll)

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