Heilpflanzen

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Heilpflanzen (Arzneipflanzen). Für Heilkundige des Mittelalters war die ® Säftelehre Grundlage ihrer Überlegungen, und derzufolge bestend alle Natur, gleich ob Mensch, Tier, Pflanze oder die Erde, aus vier miteinander verbundenen und sich wechselseitig bedingenden ® Elementen. Deren Qualitäten (heiß/kalt/trocken/feucht) wurden auch der Wirkkraft der Heilkräuter zugrundegelegt. Der “Macer Floridus” stuft beispielsweise den Knoblauch (Allium sativum) als warm und trocken ein und empfiehlt, ihn nur in kleinen Mengen zu essen, “damit das Blut im Menschen nicht übermäßig erwärmt werde”. Auch Anis (Pimpinella anisum) wird als wärmend und trocknend bezeichnet und u.a. als Aphrodisiacum und als Mittel gegen zu starke Monatsblutung verschrieben.

Heilpflanzen wurden, soweit sie nicht als Wildpflanzen ausreichend zur Verfügung standen, in Kräutergärten gezogen. Man verwendete einzelne Pflanzenteile (Wurzel, Blatt, Blüte, Früchte, Samen, Rinde) oder ganze Pflanzen. Zur Anwendung kamen sie in frischem oder in getrocknetem Zustand, als Einzeldroge oder zusammen mit anderen Stoffen; sie wurden – etwa als Absud – eingenommen, zu Räucherungen verbrannt, zur Aromatisierung der Raumluft in Büscheln aufgehängt, in Riechkissen gefüllt oder – z.B. als Pflaster – äußerlich angewandt (s. Arzneimittelformen).

Der klösterliche Kräutergarten gab das Vorbild ab für die Kräutergärten der späteren Apotheken. Im Sankt Gallener Klosterplan (etwa 820) sind 16 Beete eingezeichnet, die vorgesehen sind für: Lilie, Salbei, Gartenraute, Rose, Andorn, Kerbel, Sellerie, Rettich, Minze, Kümmel, Liebstöckel, Fenchel, Pfefferminze, Rosmarin, Bockshornklee, Bohne, Costo (Bitterwurz), Schlafmohn, Saturegia (Bohnenkraut), Polei (Bergminze) und Gladiolus (Iris pseudacorus?).

Wildwachsende Kräuter wurden für wirksamer als im Garten gezogene erachtet, und so hatten Kräuterweiblein und Wurzelmänner ihr Auskommen. Als besonders wirksam galten solche Pflanzen, die taubedeckt, zumal im Monat Mai, an bestimmten Tagen (z.B. Karfreitag, Johanni, Fronleichnam) oder zu besonderer Zeit (etwa vor Sonnenaufgang oder während des Mittagläutens) gepflückt worden waren oder durch kirchliche Weihe Segenskraft erhalten hatten. Wesentliche Kriterien waren auch Mondalter (zu-, abnehmend) und Standort (Kirchhof, Richtstätte, Kreuzweg). Nach Hildegard von Bingen sollten Heilkräuter bei wachsendem Mond gepflückt oder geschnitten werden, da sie zu dieser Zeit voll des wirksamen Saftes seien und die kräftigsten Arzneien ergäben.

Manche Pflanzen, denen zauberische Heilwirkung nachgesagt wurde (Zauberkräuter), mochten nach der Art eines Placebo-Effekts Wirkung machen. Bei ihnen genügte es, sie in einem Beutelchen mit sich zu tragen oder sie büschelweise in der Stube aufzuhängen. Für Riechkissen waren unterschiedliche duftende Kräutermischungen bekannt; Bestandteile waren etwa Raute, Melisse, Majoran, Minze, Salbei, Rosmarin, Basilikum, Thymian, Quendel, Lavendel, Lorbeerblatt und Quittenschalen. Besonders zu Zeiten großer Epidemien wurden sie von der großen Mehrzahl derjenigen Menschen benutzt, die sich teure Aromatika wie z.B. Ambra oder Zibet nicht leisten konnten.

Exotische Pflanzenspezialitäten konnten über die Fernhändler in Frankfurt a. M., Nürnberg, Augsburg oder in den Hansestädten des Nordens bezogen werden.

Im Spätmittelalter verbreitete sich die Kunst, alkoholische Auszüge aus Heilpflanzen zu bereiten (s. Gabriel von Liebenstein).

Die Zuordnung mittelalterliche Heilpflanzen zum heutigen Pflanzensystem bereitet wegen der verwirrenden Vielfalt von Namen für die gleiche Pflanze, wegen Schreibfehlern, ungenauer Beschreibung und phantasievoller Abbildung große Schwierigkeiten.

(s. Arzneimittel; Drogen (Allermannsharnisch, Alraune, Bilsenkraut, Eisenhut, Fliegenpilz, Johanniskraut, Mohn, Mutterkorn, Nachtschatten, Schierling, Stechapfel, Tollkirsche, Wolfswurz); Gewürze; Herbarien; Signaturenlehre;

Aloe, Anis, Apfel, Baldrian, Bärlapp, Basilienkraut, Beifuß, Betonie, Birke, Brennnessel, Dill, Eisenkraut (s. Drogen), Feige, Fenchel, Granatapfel, Hauswurz, Holunder, Hopfen, Ingwer, Iris, Johanniskraut (s. Drogen), Kamille, Kardendistel, Knoblauch, Kümmel, Lavendel, Lein (s. Flachs), Liebstöckel, Lilie, Lorbeer, Malve, Melisse, Minze, Mispel, Mohn, Mönchspfeffer, Moos, Nelke, Nieswurz, weiße, Petersilie, Pfeffer, Pfingstrose, Raute, Rizinus, Rose, Salbei, Sauerampfer, Schlehe, Sellerie, Senf, Silberdistel, Spargel, Süßholz, Thymian, Veilchen, Wacholder, Waid, Wegerich, Weißdorn, Wermut, Wolfsmilch, Ysop, Zimt, Zwiebel)

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