Hölle

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Hölle (mhd. helle, ahd. hella; vom anord. Namen der Todesgöttin Hel. Mhd. Synonyme: helleviur, -grunt, -tal, -zarge, die swarze bechwelle; lat. infernum). Die Vorstellung von einer unterweltlichen Totenwelt ist vielen Religionen gemeinsam und gehört zum Bestand menschl. Urbilder (Archetypen). Die Juden der jesuanischen Zeit glaubten fast ausnahmslos an ein Totenreich, das je nach Lebensverdienst der Gestorbenen für deren Seelen Annehmlichkeiten in der Scheol (grch. hades) oder Pein im Schreckenstal Gehinnom (grch. gehenna) bereithielt. Christl. Glaubenslehrer machten in Anlehnung an das Wort Jesu, demzufolge der Ort der Verdammten gleich “einem Ofen (sei), in dem das ewige Feuer brennt”, aus dem Gehinnom die Hölle, einen Ort, an den die abgefallenen Engel (Teufel) und die in Todsünde gestorbenen Menschen zu unendlicher Gottesferne (“poena carentiae visionis”) und Feuersqual verbannt sind. Während des ganzen Mittelalter waren Visionäre, Dichter und Meister der Plastik und Malerei mit der Schilderung der Hölle und der Qualen ihrer Insassen befasst. Theologen wie Gregor d. Gr., Isidor von Sevilla oder Honorius Augustodunensis stellten detailgenaue Spekulationen zu dem Thema an. Caesarius von Heisterbach chrakterisiert die Hölle mit folgenden Begriffen: Pix, nix, nox, vermis, flagra, vincula, pus, pudor, horror (Pech, Schnee, Finsternis, Würmer, Peitschen, Fesseln, Eiter, Schande, Entsetzen).

War man sich bei der Lagebestimmung noch einig (im Erdinneren, Zugänge durch Quellen, Sümpfe, Teiche, Vulkane u.a.m.), so erbrachte die Phantasie eine Vielzahl geradezu orgiastischer Bilder bezüglich der höllischen Schrecken (Dunkelheit, Schwefelgestank, Gluthitze – seltener Eiseskälte, siedendes Pech, Geschrei, ekelerregende, grausame Ungeheuer, Fäulnis, Fesseln) und der teuflischen Foltermethoden (von denen sich möglicherweise mittelalterliche Folterknechte inspirieren ließen). Andererseits trugen die sadistischen Höllenstrafen zur Freude der Erlösten bei: “Damit der Glückseligkeit der Erlösten im Himmel nichts fehlt, wird ihnen ein freier Blick auf die Qualen der Verdammten gewährt” (Tomas von Aquin). Zur offiziellen Höllen-Lehre des Mittelalter gehörte die Konstitution “Benedictus Deus” von 1336 (in der Papst Benedikt XII. feststellt, dass die Höllenqualen sofort nach dem Tod eines Verdammten einsetzen) und ein Florentiner Konzilsbeschluss von 1442, demzufolge alle Menschen für die Hölle bestimmt waren, die sich nicht vor ihrem Tod zum alleinseligmachenden Katholizismus bekannt hatten, somit alle Muslime, Juden und Heiden und – laut Augustinus – alle ungetauften Kinder. (Letztere versetzt die Fegfeuerlehre Bendikts XII. in den Limbus, den “Saum” der höllischen Unterwelt.)

In der mittelalterliche Kunst traten Darstellungen der Höllenpein zuerst in der karolingischen Buchmalerei auf (Stuttgarter Psalter; 820/30; Stuttgart, Landesbibliothek). Im 12./13. Jh. häufen sich Darstellungen in der Monumentalkunst (Tympana der Westportale); hier wird die Hölle zumeist im Kontext mit dem Jüngsten Gericht abgebildet. In der mittelalterliche Malerei und auf mittelalterliche Schauspielbühnen wurde die Hölle durch einen weitaufgerissenen, zähnebesetzten Tierrachen dargestellt (“helleslunt”).

In mittelalterliche Vorstellung entsprechen – gemäß grch. Mythologie – den vier Paradiesesflüssen vier Höllenflüsse: Styx (Fluss des Schreckens), Acheron (F. des Schmerzes), Cocytus (F. der Wehklagen) und Phlegeton (der Feuerstrom).

Insgesamt war die Vorstellung von den Verhältnissen und Begebenheiten in der Hölle – wie sich nicht zuletzt aufgrund vieler Visionen gebildet hatte – weitaus plastischer und präziser, als die von jenen, die einem in der himmlischen Glückseligkeit bevorstanden.

(s. Vulkanismus)

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