Johanna (angebliche Päpstin)

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Johanna (fragliche Päpstin, genannt Johannes Anglicus; 9. Jh.; auch Jutta, Agnes, Anna, Gilberta benannt). Umstritten ist der Wahrheitsgehalt von Berichten über eine in der Camouflage eines Mannes auf den päpstlichen Thron gelangte gelehrte Frau. Deren Regentschaft soll im 9. Jh., und zwar zwischen Leo IV. (847-855) und Benedikt III. (855-858), gewesen sein. Erstmals erwähnt wird sie von einem Zeitgenossen, dem Gegenpapst Anastasius Bibliothecarius. Jüngere Berichte finden sich in dem „Chronikon pontificum et imperatorum“ des Dominikaners Martin von Troppau (auch Martinus Polonus; gest. 1278) und in der „Chronica universalis Mettensis“ seines Ordensbruders Jean de Mailly (um 1190 – 1260). In Martins Version heißt es: „Nach dem vorher erwähnten Leo hatte Johannes, ein gebürtiger Engländer, der aus Mainz kam, den Stuhl Petri zwei Jahre, fünf Monate und vier Tage inne, wonach das Pontifikat einen Monat lang vakant blieb. Er soll, so wurde behauptet, eine Frau gewesen sein. … Doch in diesem Amt wurde sie schwanger …“ Während einer Prozession habe sie ein totes Kind geboren, sei unmittelbar darauf gestorben und an Ort und Stelle begraben worden. Von dieser „Begebenheit“ gehen auch andere mittelalterliche Chronisten als von einer historischen Realität aus, so Stephan von Bourbon in seinem „Tractatus de diversis materiis predicabilibus“ (um die Mitte des 13. Jahrhunderts) und William Ockham (in „Opus nonaginta dierum“ und „Octo quaestiones de potestate papae“; 13./14. Jh.).

Sollten die Berichte über Johanna Fiktionen sein, so dürften sie auf antiklerikalen, papst- oder frauenfeindlichen Motiven beruhen. Die Dürftigkeit der Quellenlage ließe sich auch auf Vertuschungsbemühungen der Kirche zurückführen, zu monströs erschien der Skandal einer Frau auf dem Papstthron. Für die reale Existenz einer Papissa Johanna könnte die unter Benedikt III. eingeführte und bis ins 16. Jh. dauernde Benutzung einer Art Untersuchungsstuhles zur Feststellung des Geschlechts neugewählter Päpste, der Sella stercatoria, sprechen.

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