Judenfriedhöfe

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Judenfriedhöfe. Einer der Kernpunkte jüdischer Tradition ist der Glaube an die leibliche Auferstehung am Tag des “Jüngsten Gerichts”. Daher durften Gräber nicht aufgelöst werden, mussten Judenfriedhöfe zur Wahrung des Totenfriedens abgegrenzt und umschlossen sein. Es war verboten, aus dem Areal des Friedhofs wirtschaftlichen Gewinn zu ziehen, etwa aus dem Verkauf gefällter Bäume oder aus der Heuwerbung. Auch durften auf den Gräbern keine Blumen gepflanzt werden, damit sie nicht entwendet und verkauft werden konnten. Nahe dem Eingang vieler Judenfriedhöfe liegt ein sog. “Tahara-Haus”, in welchem die Toten vor der Grablegung gewaschen und die Geräte zum Ausheben des Grabes verwahrt wurden.

Juden durften nicht auf christlichen Friedhöfen beigesetzt werden; deren geweihte Erde war corporis christianorum vorbehalten, wozu eben jüdische Tote nicht gehörten – ebenso wie andere Ungläubige, Verbrecher, Ketzer, Ungetaufte, Selbstmörder, Exkommunizierte. Jüdischem Brauch folgend bestatteten Juden ihre Toten außerhalb der Mauern, “im Feld”, woran (christl.) Flurnamen wie “Judensand” oder “Judenhügel” erinnern. (Juden empfanden ihre Friedhöfe als Heimstätte der Toten und nannten sie “Bet olmin” [Haus der Ewigkeit], “Bet ha-kewarot” [Haus der Gräber] oder “Chazar mawet” [Haus des Todes]). Wo Judenfriedhöfe innerhalb der Mauern lagen, hatte das Städtewachstum sie in den ausgreifenden Bering einbezogen. (Als Ausnahme hiervon gilt Heilbronn, wo der Judenfriedhof von Anfang an innerhalb des geschlossenen Judenviertels lag.) In Notzeiten pflegten Juden ihre Friedhöfe aufzusuchen, um ihre toten Verwandten um Fürbitte bei Gott anzuhalten. Nachdem die Judenschaft im Reich den Status der Kammerknechtschaft erlangt hatten (1103), konnten sie für ihre Begräbnisstätten Rechtsfrieden und Immunität erlangen. Mancherorts war für jede Beerdigung eine Gebühr zu entrichten. Grabsteine aschkenasischer Gemeinden sind nach Osten ausgerichtet und stehen aufrecht, diejenigen sephardischer Gemeinden liegen flach auf der Erde. Sie tragen den hebräischen Namen und Lebensdaten der Toten, manchmal auch einen Segenswunsch oder nähere Angaben zur Person. Ende des 15. Jh., nachdem die Judenschaft ausgerottet oder vertrieben war, waren auch die meisten Judenfriedhöfe als obsolet erachtet worden. Die Grabsteine wurden als Baumaterial für Kirchen oder Stadtbefestigungen missbraucht.

Als wohl ältester jüdischer Friedhof in Europa wird der von Prag im 9. Jh. genannt. Als größter noch erhaltener Judenfriedhof gilt der Wormser “Judensand”, angelegt 1076/77.

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