Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Kamille (mhd. gamille, v. lat. camomilla; bot. Matricaria chamomilla [der von lat. mater = Mutter abgeleitete Name weist auf ihre Bedeutung als “Frauenpflanze” hin]). Einjährige weißblühende Pflanze aus der Familie der Korbblütler mit charakteristischem Geruch. Kommt heute wildwachsend in ganz Europa vor, wurde aber wohl erst von Mönchsärzten in den Raum nördlich der Alpen gebracht. In der Heilkunde finden nur die gelben Blütenköpfchen (ohne ihre weißen Blätter; Matricariae flos) Verwendung; diese enthalten ätherische Öle, Flavonoide, Cumarine und Schleimstoffe. Aufgrund dieser Inhaltsstoffe entfalten Kamillezubereitungen entzündungswidrige und krampflösende, in gewissem Umfang auch bakterizide und fungizide Wirkungen. Unklar ist, welche der nach Blütenfarbe unterscheidbaren Kamillearten in den jeweiligen Empfehlungen gemeint ist. Es dürfte sich aber fast stets um die weißblühende “Echte Kamille” gehandelt haben.
Diuskurides nennt sie als wehentreibendes Mittel, als wirksam gegen Blasenentzündung, Blähung und Leberleiden, und schreibt ihr eine urin- und steinaustreibende Wirkung zu.
Mönchsärzte der Karolingerzeit behandelten entzündetes Zahnfleisch mit Kamillenölspülungen.
Der “Macer Floridus” (11. Jh.) spricht der Pflanze wärmende und trocknende Kraft im ersten Grade zu. Von ihren Wirkungen sagt er: “sie treibt den Harn, zerbricht die Blasensteine und sorgt für ordentlichen Monatsfluss … beruhigt auch das Grimmen und eine Aufblähung des Magens, … vertilgt Schuppen und Leberflecken im Gesicht, … nützt den Gelbsüchtigen und hilft bei Beschwerden der Leber, mit Wein getrunken soll das Kraut die Leibesfrucht abtreiben.
Hildegard von Bingen (12. Jh.) empfiehlt gegen “verstopften Monatsfluss” Sitzbäder sowie Bähungen der Genitalien und des Unterleibes mit einer Zubereitung aus Anis, Wollkraut und “Mutterkraut” (Fieberkraut, Falsche Kamille, eine der Echten Kamille verwandte Art der Korbblütler). “Denn die Wärme des Anis bringt die Säfte in Bewegung, die Wärme des Mutterkrautes aber wirkt heilend, und die Wärme des Wollkrauts schafft den Blutfluss.”
Konrad von Megenberg (14. Jh.) sagt dem Kraut allgemein kräftigende Wirkung nach, sowie eine Entlastung des Hirns von schlechten Säften.
Verbreitetem Aberglauben nach war Kamille besonders heilkräftig, wenn sie an Johanni (24. Juni) gepflückt worden ist.