Karolingische Architektur

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karolingische Architektur (etwa 800 – 900). Karl der Große bemühte sich um die Wiederbelebung von Bildung, Handwerken und Künsten. Wie ihm für seine Reichsidee das röm. Kaisertum als Vorbild diente, so bediente er sich bei der Pflege der Kunst christlich-spätantiker Leitbilder. Dementsprechend sind die karolingischen Bauten, die von ital. Baufachleuten und den einheimischen, wenig geschulten Kräften aufgeführt wurden, im wesentlichen Nachbildungen spätantiker und byzantinischer Werke. Aus dieser Stilepoche sind nur wenige Bauwerke unverändert erhalten geblieben, so etwa die Pfalzkapelle Karls des Großen im Kernbau des Münsters zu Aachen. Erbaut von Bischof Odo von Metz von 798 bis 804, folgt ihr Entwurf byzantinisch-italienischem Vorbild. Für den kuppelüberwölbten oktogonalen Zentralbau wurden Marmorsäulen aus Trier, Rom und Ravenna verwendet, die bronzenen Emporengitter entstammen möglicherweise dem Grabmal Theoderichs.

Der karolingische Kirchenbau basiert im wesentlichen auf dem Schema der Basilika, weist indes charakteristische Besonderheiten auf. Ein typisches Beispiel einer karolingischen Basilika ist die Kirche St. Petrus und Marcellinus (“Einhardbasilika”) zu Steinbach bei Michelstadt im Odenwald, erbaut um 825 von Einhard, dem Sekretär und Biographen Karls. Die Anlage dieser Kirche hat sich durch Ausgrabungen als dreischiffige Pfeilerbasilika ergeben, an die östlich ein dreiteiliges byzantinisches Bema anschließt, dessen Breite die des Langhauses etwas übertrifft. Das Mittelschiff flankieren je fünf quadratische Pfeiler mit Rundbogenarkaden über schlichten Kämpfern. Durch die Verwendung von gemauerten Pfeilern anstelle antiker Säulen wird die Mauerfläche stark betont. Der Westseite war ein Atrium und ein Torhallenbau vorgelagert. Diese Torhalle dürfte der guterhaltenen Torhalle zu Lorsch an der Bergstraße entsprochen haben, die zu einer von Karl 774 geweihten Klosterkirche gehörte. Wie ein römischer Triumphbogen öffnet sich die Lorscher Torhalle mit drei rundbogigen Toren zwischen schlanken Halbsäulen mit Kompositenkapitellen. Auf dem von ihnen getragenen Gesims steht eine Reihe kleiner ionischer Pilaster, die durch Spitzgiebel miteinander verbunden sind. Ein Zahnschnittgesims schließt die Front ab, die ganz mit geometrischen Mustern aus weißen und roten Steinplatten bedeckt ist.

Starken Einfluss auf die bauliche Entwicklung haben in dieser und der folgenden Zeit die großen Klöster des Benediktinerordens, etwa zu Fulda, Lorsch, St. Gallen und Reichenau (Mittelzell). Von diesen Bauten ist nichts auf unsere Zeit herübergekommen. Vom Kloster St. Gallen, 822 von Abt Gozbert begonnen, ist ein Bauplan auf Pergament erhalten, der die Klosterkirche als formbildend für die weitere Entwicklung mittelalterlichen Kirchenbaus ausweist. Der Plan beschreibt eine Säulenbasilika, deren Mittelschiff doppelt so breit wie die Seitenschiffe ist und deren Querschiff dreimal die Breite des Mittelschiffs enthält. Zwischen Querschiff und Apsis schiebt sich ein quadratischer Chorraum. Die Westseite beschließt eine zweite Chorapsis; diese wird von einem Vorhof mit innerer Säulenstellung umfasst, an den die zwei Rundtürme angebunden sind (s. Westwerk). Auf dem so entstandenen “additiven Bauprinzip”, bei dem der Kirchengrundriss durch Anfügung neuer Elemente (Westwerk, westl. Chor, westl. Querhaus, Vierungstürme, Chorflankentürme) bereichert wird, fußte die anschließende romanische Stilepoche.

Weitere Kirchenbauten der karolingischen Stilepoche finden sich in Hildesheim (Dom), Minden (Dom), Corvey (Abteikirche), Seligenstadt am Main (Klosterkirche, von Einhard gegründet), Essen (Abteikirche Werden, Salvatorkirche), Höchst (St. Justinus), Regensburg (St. Emmeram, Niedermünster), Paderborn (Dom, Abdinghofkirche), Müstair/Graubünden (Klosterkirche), Rohr (ehem. Klosterkirche St. Michaelis).

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