Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Klosterämter (lat. officia). An der Spitze der Klostergemeinschaft stand der Abt (v. hebr. abba = Vater), der nach dem antiken Vorbild eines pater familias als pater monasterii mit umfassenden Machtbefugnissen ausgestattet war. Soweit er dem benediktinischen Ideal entsprach, war er seinen Mönchen geistlicher Vater (pater spiritualis), Vorbild in christlicher Lebensweise, weiser Lehrer und Richter. Die Mönche waren ihm gegenüber zu Gehorsam und Ehrerbietung verpflichtet. Selbst ein idealer Abt wäre zur Führung eines größeren Klosters mit seinen vielfältigen Aufgabenbereichen alleine nicht fähig gewesen, und so hatte schon Benedikt Klosterämter geschaffen, um die Klosterverwaltung leistungsfähiger zu machen. Mit der Größe und dem Besitz der Klöster wuchs die Zahl der klösterlichen Amtsträger, der Offizialen. Mönche, die im Auftrag des Abtes amteten, waren von einem Teil der liturgischen Pflichten befreit. Als Stellvertreter des Abtes während seiner häufigen Dienstreisen fungierte der Provost oder Prior. Ältere Mönche standen als Dekane jeweils einer Gruppe von Brüdern vor. Circatores überwachten, vermerkten und meldeten im Auftrag des Abtes alle Geschehnisse im Klosterbereich. Für die Gesamtverwaltung des Klosterbesitzes und für die wirtschaftliche Führung war ursprünglich der Propst (Präpositus) zuständig, dessen Amt in den bedeutenderen Klöstern im 10. Jh. im Priorat aufging. Kleinere, meist unselbständige Klöster und Stifte, wurden weiter von einem Propst geleitet und verwaltet. Dem Prior oder dem Propst arbeiteten der Bursarius (Hauptkassier der Klosterdomänen; auch Burschner) und der Granarius (Verwalter des Kornkastens, “Kornschreiber”) zu. Dem Cellerar (auch Ökonom, Prokurator, Minister, Schaffner) unterstanden alle Vorräte an Getränken, Viktualien, Geräten und Kleidung, er führte Keller, Kleiderkammer und Küche. Die praktische Arbeit in Küche, Bäckerei und Brauerei unterstand dem Bruder Küchenmeister (Cellarius), dem wiederum verschiedene Hilfskräfte zuarbeiteten. In manchen Klöstern standen dem Cellerar ein Camerarius (Kämmerer, Verwalter der Vorräte) und ein Vestitiarius (welcher Kleidung, Schuhwerk und Bettwäsche verwahrte und in Stand hielt) zur Seite. Weitere Ämter versahen der Refektorar (zuständig für Öffnung und Beschließung des Refektoriums zu den vorgesehenen Zeiten), der Hospitarius, auch Magister oder Custos Hospitum (Leiter der Herberge für Bessergestellte), der Alamonarius oder Almosenier (für die Armenfürsorge), der Hospitalarius (Spitalmeister, Verwalter des Armen- und Pfründnerhauses), der Pitanzenmeister (Pitanzer, Pythancionarius für die Zuteilung von Sonder-Speiserationen) und der Infirmarius (Siechenmeister). Für die Beaufsichtigung des Kirchenschatzes und der liturgischen Gewänder und Geräte sorgte der Sacratarius (Sakretan; auch Mansionarius [mhd. mesnaere]), der Chorgesang unterstand dem Bruder Kantor, Bücher und Schreibstube wurden vom Bibliothecarius (armarius, custos librorum) verwaltet. Der Bruder Pförtner (Portarius) hatte an der Nahtstelle zur Außenwelt eine eigene Zelle. Er war der erste, der Hilfe- und Zufluchtsuchende, Pilger und Reisende am Tor in der Klostermauer empfing. Von ihm wurde christiche Demut und Nächstenliebe erwartet, zuweilen auch diplomatisches Geschick. Der Bruder Horoscopus oder Horologiarius – oft identisch mit dem Sakretan – besorgte den Weckdienst und die Wartung der klösterl. Zeitmesser.
In Frauenklöstern bestanden entsprechende Ämter. (Abaelard hält in einem Entwurf für die Klosterordnung eines Doppelklosters sieben Ämter für ausreichend: das der Äbtissin, je einer Sakristane, Vorsängerin, Krankenpflegerin, Kleiderbewahrerin, Kellermeisterin und Pförtnerin.)
(s. Abt, Äbtissin, Cellarium, Cellarius, Dekan, Hospitalarius, Infirmarius, Prior, Propst, Terminierer)