Klosterleben

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Klosterleben. Das coenobitische Mönchsleben war – soweit es gemäß der asketischen Benediktregel geführt wurde – militärisch-straff durchorganisiert und von geradezu heroischer Selbstverleugnung geprägt. Die spartanische, körper- und lustfeindliche Lebensweise in unbedingtem Gehorsam sollte die Voraussetzung schaffen für eine Annäherung an das monastische Ideal, das zumeist unerreicht blieb und oft genug nicht einmal angestrebt wurde. Ideal und Realiät klafften meist weit auseinander.

Das Klosterleben war auf Gebet und Arbeit ausgerichtet (Benedikt: “Müßiggang ist der Feind der Seele”) und wurde zeitlich gegliedert durch das Chor- oder Stundengebet (liturgia horarum; Tagzeiten; Horen). Zwischen Mitternacht und zwei Uhr begaben sich die Mönche zum ersten der acht vorgeschriebenen Stundengebete, der Matutin (der “Frühmorgendlichen”, bis zum 11. Jh. Matutin genannt), in die Kirche. Den Tag beschloss, je nach Jahreszeit zwischen 18 und 21 Uhr, die Komplet (lat. completorium = Schlussandacht). Die Zeit zwischen den Horen war durch Arbeit ausgefüllt; diese bestand, je mehr Adelige dem Kloster angehörten, umsoweniger aus harter Feldarbeit, allenfalls wurde leichte Gartenarbeit oder eine handwerkliche Tätigkeit verrichtet, meist aber wurde gelesen oder geschrieben. Lesen (studium legendi) und Schreiben (d.h. Abschreiben, Vervielfältigen) galten als Arbeiten im Weingarten des Herren, dienten nicht etwa der Zerstreuung.

Die Mahlzeiten wurden gemeinsam im Refektorium eingenommen. Dabei war die Sitzordnung vom Eintrittsdatum der Religiosen bestimmt: Diejenigen, die der Gemeinschft am längsten angehörten, saßen nahe beim Abt bzw. bei der Äbtissin, die Jüngsten am weitesten entfernt. Strafweise wurde eine Zurückstufung in der Sitzordnung verhängt. – Es herrschte strenge Schweigepflicht, man verständigte sich durch Gesten oder mittels einer Zeichensprache. Ein Lektor begleitete das Mahl mit erbaulichen Lesungen aus Heiligenviten oder Legenden. Die Benediktregel sah nur eine tägl. Hauptmahlzeit vor, die aus zwei Hauptgängen bestehen sollte und im Sommer mittags, im Winter zur 9. Stunde (15 Uhr) und während der Fastenzeit nach der Vesper (dem 7. Stundengebet um 18 Uhr) einzunehmen war. Bei harter körperlicher Arbeit durfte noch eine Zwischenmahlzeit, das mixtum, eingenommen werden. Wichtigstes Nahrungsmittel war Brot von verschiedenen Sorten (deren minderwertigste an Fasttagen ausgegeben wurde). Dazu gab es Eier und Käse, Obst, Gemüse, Bohnen, Milch, Honig und Fisch – Fleisch war ursprünglich verboten, kam allenfalls als Krankenkost in Betracht. (Geflügel wurde von manchen Brüdern aufgrund tiefschürfender Überlegungen der Gattung der Fische zugerechnet, ebenso der Biber wegen seines schuppigen Schwanzes. Nicht als Fleisch betrachtet wurden auch ungeborene Kaninchen.) An Getränken gestand Benedikt neben Wasser täglich 1/4 Liter Wein zu. Dass diese Speisenregelung fast nie und nirgends eingehalten wurde, dass in den reicheren Klöstern eher geprasst und gezecht wurde, ist sprichwörtlich und war – neben anderen Missständen – Ursache für immer neue Klosterreformen. Vom 13. Jh. an kannte man zu bestimmten kirchlichen Anlässen eine Zusatzportion zu den Mahlzeiten (s. Pitanz).

Die Nachtruhe wurde ursprünglich im gemeinsamen Schlafraum (dem dormitorium) verbracht. Die Mönche schliefen angekleidet in Einzelbetten, bei Kerzenlicht und unter der Aufsicht eines der Brüder. Während bei Franziskanern und Dominikanern Einzelzellen von Anfang an Brauch waren, kamen bei den Benediktinern Einzelzellen erst im Spätmittelalter auf (Genehmigung durch Papst Martin V., 1419).

Klöster waren – abgesehen von der Abtswohnung und Zimmern für hohe Gäste – unbeheizt; der einzige heizbare Raum war das Calefactorium, das dank einer Heißluftheizung (Hypocausten, s. Heizung) Gelegenheit zum Aufwärmen bot.

Eigenbesitz war den Mönchen nicht gestattet, was sie nötig hatten, stammte aus dem Gemeinbesitz des Klosters. Im wesentlichen waren dies Bettzeug (Leintuch, Kopfkissen, Wolldecke) und Kleidung. Letztere sollte einfach und wohlfeil sein, ohne Pelze und Unterkleidung, die Tagesschuhe von Kuhleder. Das charakteristische Mönchsgewand kam erst im Frühmittelalter auf, bis dahin kleideten sich die Brüder gemäß der örtlichen Gepflogenheiten. In den Klosterregeln waren auch die hygienischen Bedürfnisse berücksichtigt. Empfohlen wurden wiederholte tägl. Waschungen, zwei Rasuren pro Woche und wenigstens zwei Vollbäder im Jahr, vor Weihnachten und vor Ostern. Zusätzliche Bäder wurden häufig nur aus therapeutischen Gründen gestattet. Der vorbeugenden Gesundheitspflege sollte je ein Aderlass im Frühjahr und im Herbst dienen. Bei dieser Gelegenheit wurde zur Stärkung nach dem Blutverlust besonders gutes und reichhaltiges Essen genehmigt.

Vergehen der Mönche gegen die Regel wurden mit Strafen belegt, die von einem Verweis durch den Abt, Stehen während der Lesung (für den, der dabei eingeschlafen war), Sprechverbot, über Abmahnung vor versammelter Klostergemeinschaft, Fasten, Ausschluss vom gemeinsamen Essen oder vom Chordienst, Amtsenthebung bis hin zur körperlichen Züchtigung und endlich zur Ausstoßung reichten. Anklage, Abmahnung und Strafzumessung geschahen im Rahmen eines Schuldkapitels (capitulum culparum), das täglich oder einmal wöchentlich im Kapitelsaal abgehalten wurde.

Eine der wichtigsten spirituellen Aufgaben der Mönche und Nonnen war das Totengedenken ( s. memoria) für verstorbene Brüder und Schwestern sowie – vor allem anderen – für den Stifter und dessen Familie. In das Nekrologium – das kalendarische Totenbuch des Klosters – konnten sich auch andere adelige Laien eintragen lassen, um in den Genuss ständigen Fürbittgebets zu kommen. Die für das Gedenken erwartete Gegenleistung in Form von Grundbesitz und anderen geldwerten Schenkungen trugen wesentlich zum Reichtum der Klöster bei.

Die monastische Pflicht der stabilitas loci konnte ausnahmsweise aufgehoben werden, wenn z.B. gelehrte Mönche als Erzieher oder Ärzte an einen Hof bestellt wurden, wenn sie im Dienst der Kunst und der Wissenschaft in die Ferne reisten, wenn sie im Interesse der Klosterwirtschaft Märkte besuchten oder wenn sie als Boten ausgeschickt wurden.

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