Krankheit

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Krankheit (mhd. kranc-heit, krankeit = Schwäche, Dürftigkeit, Not, Krankheit; auch siechheit, suht; lat. morbus, aegrotatio, infirmitas, res contra naturam). Unter Krankheit ist ist eine körperliche und/oder geistig-seelische Störung des Wohlbefindens zu verstehen. Die Erhaltung der Gesundheit und die Heilung von Krankheiten und Verletzungen waren seit urdenklichen Zeiten zentrale Anliegen der Menschen. Viele vorchristliche Zauberpraktiken und Beschwörungsrituale haben sich – christlich überformt – bis ins Mittelalter erhalten, ebenso viel Wissen um natürliche Heilkräfte und -techniken. (s. Heilkunde, Volksmedizin)

Nach Isidor von Sevilla bedeutet der Begriff Krankheit (morbus) “im allgemeinen Sinne alle Gebrechen des Körpers”. Hildegard meint: “Krankheiten entstehen durch das Übermaß an Phlegma, was eine Folge des Sündenfalls ist.” Ursachen der Krankheiten suchte man – je nach Bildungsstand und jeweiliger Situation – in einem natürlichen Ereignis (etwa einer Verletzung oder Vergiftung), in einem Missverhältnis der Körpersäfte (s. Säftelehre), in üblen Dämpfen (s. Miasma; corruptio aeris), in göttlichem Ratschluss, in einer astrologischen oder metereologischen Gegebenheit, oder in einem durch Dämonen, Zauberer oder Hexen bewirkten Schadenszauber.

In der höfischen Idealwelt bedeutete Krankheit das Ende jeden Rittertums. Ein kranker Ritter war gleichsam ausgestoßen, war er doch nicht mehr fähig, den Waffendienst als seine eigentliche Aufgabe zu erfüllen. Seine Krankheit wurde als göttliche Strafe für Vergehen gegen den höfischen Ehrenkodex angesehen. Erst nach Läuterung der Seele und Gesundung war der Wiedereintritt in eine ritterlich-höfische Existenz möglich. (In dem Versepos “Der arme Heinrich” schildert Hartmann von Aue, wie ein Ritter an Aussatz erkrankt, und so lange aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird, bis er Gesundheit und Ansehen [“ere”] wieder erlangt hat.)

Die Urchristen sahen in jedem Leiden die von Gott verhängte Strafe für sündhafte Gedanken und Werke, Heilungsversuche demnach als Handlung wider Gottes Willen. Gegen diese fundamentalistische Einstellung setzte sich die Überzeugung etwa des Benedikt von Nursia, dass jeder Dienst am Kranken ein Dienst an Jesus sei.

Auch in den Spekulationen christlicher Theologen galt Krankheit als Folge der Erbsünde, war also allgemein-menschliches Erbteil oder auch Strafe für persönliche Sünde; aber auch als besonderer Gnadenerweis Gottes, da der Kranke durch sein Leiden aufgerüttelt und zu besserer Einsicht gebracht wurde oder schon im Diesseits Buße für seine Sünden leisten durfte. Der Mensch hat durch den Sündenfall die ihm zugedachte Vollkommenheit (constitutio prima) verloren und ist seither prinzipiell mangelbehaftet. Im Kranken äußert sich die destruktive Tendenz der menschlichen “natura pathologica” nur umso deutlicher. Entsprechend ist die Therapie auf Seele und Leib ausgerichtet – einmal, um durch Reue und demütige Akzeptanz seines Leidens, auch durch den Empfang der Sakramente und die Anrufung diverser Schutzheiliger, göttliche Gnade zu erlangen (acta gratiarum), zum andern, um durch Anwendung natürlicher Heilmittel und ärztlicher Kunst die rechte Körperfunktion wiederherzustellen.

Die medizinische Wissenschaft des Mittelalter folgte der Vorstellung des Hippokrates, nach der Krankheit aus der Disharmonie der vier Körpersäfte entstünde.

(s. Krankheiten, Krankheitsnamen, Krankheitsursachen, Säftelehre)

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