Leibeigenschaft

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Leibeigenschaft (v. mhd. [13./14. Jh.] lipeigen = mit Leib und Leben zu eigen sein; mhd. dageskalk; mlat. servus, homo proprius de corpore). Unfreie, der Anordnungsgewalt und Gerichtsbarkeit (s. Hofrecht) eines Herren Unterstehende und zur Leistung von Leibzins Verpflichtete bezeichnete man als „Leibeigene“. Leibeigenschaft war in der Abstammung von unfreien Eltern begründet; auch Kinder aus Ehen zwischen freien und unfreien Partnern waren unfrei, „folgten der ärgeren Hand“. Ebenso konnte wirtschaftliche Not, Kriegsgefangenschaft oder Sühne für Verbrechen in die Leibeigenschaft führen. Das System der Leibeigenschaft war auf das der Sklaverei gefolgt, als die Sklaven zum Christentum bekehrt worden waren und als Christen nicht mehr sklavenmäßig gehalten werden durften. Der Systemwechsel war für die Betroffenen unwesentlich, den Herren dagegen brachte er den Vorteil des – allerdings geringen – Leibzinses ein.

Nach christlicher Lehre galt Leibeigenschaft als Folge des Sündenfalls des ersten Menschenpaares, als Konsequenz des Mordes Kains an seinem Bruder Abel oder als Folge des Fluches Noahs über seinen Sohn Cham. Unfreiheit und Knechtschaft galten als von Gott verhängt, Aufbegehren dagegen schwere Sünde.

Leibherrschaft wurde ausgeübt von Adeligen, Freien oder kirchlich-klösterlichen Institutionen, also von voll rechtsfähigen Personen. Leibeigenschaft war gekennzeichnet durch Erbringung von landwirtschaftlicher oder handwerklicher Arbeit, durch Abgabe von Erzeugnissen, durch Dienstleistungen (s. Frondienste) und Zahlung eines Leibzinses. Die persönliche Freiheit des Leibeigenen war stark eingeengt: er besaß keine oder nur beschränkte Gerichtsfähigkeit, keine Freizügigkeit, kein freies Konnubium (die Wahl eines Ehepartners unterlag dem Gutdünken des Herren. Stammten leibeigene Gatten aus verschiedenen Grundherrschaften, so verblieb die Frau im angeborenen Hörigkeitsverhältnis, Kinder wurden zwischen den beiden Herren aufgeteilt). Als „Unmündiger“ war er von der Teilnahme am Thing und an Gerichtstagen befreit und durfte keine Waffen führen. Er konnte zusammen mit dem Hof oder als Einzelperson veräußert werden. Verdingte er sich anderweitig oder übte er in der Stadt ein Handwerk aus, so blieb die Zinspflichtigkeit dem ursprünglichen Herrn gegenüber bestehen. Vom 12. Jh. an bestand das Recht des Loskaufs, im Spätmittelalter wurden Leibeigene in die ordentliche Gerichtsbarkeit einbezogen, allgemein kam es – von der Gutsherrschaft des dt. Ostens abgesehen – zu einer Lockerung der Leibeigenschaft und des Fronwesens.

Der Verfasser des Sachsenspiegels, Eike von Repgow (13. Jh.), brach mit der vorherrschenden kirchlichen Lehre von der gottgewollten Knechtschaft der Bauern, indem er gemäß Genesis (1 Mose) betont, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde geschaffen habe und dass sich derjenige versündige, der in falscher Bibelauslegung einen Menschen jemandem anderen zuspreche als Gott. („Mit meinem Verstand kann ich es nicht für wahr halten, dass jemand einem anderen gehören soll.“) Hierin wird eine Tendenz deutlich, die zur besseren rechtlichen wie wirtschaftlichen Stellung der Bauern führen sollte.(s. Sachsenspiegel, Landrecht, 3. Buch, Kap. 42, §§ 1, 3, 6).

(s. Fronhof, Halbfreie, Hörige, Sklave)

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