Leprosorium

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Leprosorium (auch domus leprosorum = Aussätzigenhaus [mhd. uzsetzen = aussetzen, absondern]; auch Gutleutehaus, Melatenhaus [v. afrz. mal ladre = Krankheit des Lazarus]). Ursprünglich in Bischofsstädten eingerichtete, vom Hochmittelalter an in vielen Städten enstandene Sondersiechenhäuser, die für Leprakranke (mhd. uzsieche, uzsetzel) eingerichtet wurden. (Vordem waren Leprakranke in der Gemeinschaft versorgt worden oder hatten als Feldsieche mit Ihresgleichen in einer Behausung abseits der Siedlungen gehaust.) Sie fanden sich stets außerhalb der Stadtmauern, fast stets an einem Flusslauf, meist an den Ausfallstraßen, an Straßenkreuzungen oder bei Richtstätten. Unterhalten wurden sie mit frommen Stiftungen und testamentarischen Zuwendungen. In manchen Häusern wurden die Kranken zum Betteln angehalten, was naturgemäß an verkehrsreichen Orten den meisten Erfolg versprach. Die Insassen erhielten Obdach, Versorgung mit Nahrung und Kleidung und genossen den rechtlichen Schutz der Einrichtung. Mancherorts organisierten sie sich in klösterlicher Weise, nannten sich “Congregatio” oder “Fraternitas” und wurden mit “fratres et leprosi” oder “fratres et pauperi” angeredet. Beim Eintritt in ein Leprosenhaus legten die Kranken ein Gelübde ab und wurden mit der Leprösen-Ordnung vertraut gemacht. Verstöße gegen die Hausordnung, vor allem gegen das Keuschheitsgebot, konnten mit zeitweiligem oder dauerhaftem Hausverbot geahndet werden. Der Tagesablauf war von gemeinsamen Gebetsstunden beherrscht, bei denen vor allem des Seelenheils der lebenden wie der verstorbenen Wohltäter des Hauses gedacht wurde.

Schon Synoden des 6. Jh. haben sich mit Problemen der Erkrankung befasst, so die von Orleans (549) und Lyon (585). Die ältesten Leprosorien im deutschsprachigen Raum – Metz, Wirten (Verden a.d. Maas), Maastricht und St. Gallen – entstanden im 7. und 8. Jh. Für das 10. Jh. ist ein Leprosorium in Echternach belegt, aus dem 12. Jh. stammten die Leprosorien von Zürich, Konstanz, Bern, Bregenz, Luzern, Köln, Gent, Brüssel und Passau, aus dem 13. Jh. die von Aachen, Münster, Koblenz und Würzburg, aus dem 14. Jh. die von Dortmund, Göttingen oder Bonn. Leprosorien sind auch für Bingen, Lorch, Mainz, Niederheimbach und Rheindiebach belegt. Im nord-, mittel- und ostdeutschen Raum wurden Aussätzigenhäuser erst vom 13. Jh. an eingerichtet. Im Jahr 1226 soll es im gesamten christl. Abendland ca. 19.000 Leprosenheime gegeben haben. Die Aufnahmekapazität der meisten Leprosorien dürfte bei unter zehn Personen gelegen haben; in Großstädten wie z.B. Köln gab es auch Häuser für mehr als 30 Kranke.

Im deutschen Reich lag – wie in den anderen Ländern – die Verwaltung eines Leprosenhauses in den Händen der Kirche, ging aber bis zum Spätmittelalter in die Zuständigkeit der jeweiligen städt. Obrigkeit über; in kirchlicher Rechtsgewalt verblieb nur die Leprosenkapelle, die als fester Bestandteil eines Leprosoriums für die geistl. Betreung der Kranken eingerichtet war.

(s. Lepra, Siechenhäuser)

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