Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Markgenossenschaft. Nicht belegter historischer Kunstbegriff, in der Lex Alemannorum mit genealogiae (Geschlechter, Sippen) umschrieben. Im Frühmittelalter waren Markgenossenschaften – möglicherweise in germanischer Tradition – Zusammenschlüsse vollfreier, gleichberechtigter, hofsässiger Inhaber eines durch Grenzzeichen (“Marken”, lat. signa, caracteres) definierten Kulturlandes. Die Begrenzung konnten auch natürliche Gegebenheiten wie Flussläufe, Waldgebiete, Sümpfe, Bergrücken usw. bilden. Markbezirk und Genossenschaft sind urkundlich als “vicinium” (Nachbarschaft) erwähnt. Schon bald wurden innerhalb der Mark Tochtersiedlungen gegründet, die nur neues Rodungsland zu Eigen hatten, Wald und Weide jedoch mit dem Ursprungsdorf genossenschaftlich bewirtschafteten. Verschiedene nachteilige Umstände – wie Verarmung, Hungersnot, drückende Heeresdienste – ließen mancherorts das Freibauerntum zugunsten der Großgrundherrschaft zurückgehen und so an Stelle freier Markgenossenschaften teilweise oder völlig grundherrschaftliche entstehen. Bis zum Spätmittelalter waren vollfreie Marken zur Ausnahme geworden.
Die Markgenossenschaften hatten das Recht, in Markangelegenheiten zu gebieten und zu verbieten sowie bei leichteren Vergehen Bußgelder zu verhängen. Jeder unbescholtene Markgenosse durfte im Markbezirk Wild erlegen. Zur Aufnahme eines Fremden war der einstimmige Beschluss aller Genossen erforderlich. Derartige Angelegenheiten wurden auf teilnahmepflichtigen Versammlungen der vicini (Anrainer, Grenznachbarn) entschieden. Sachen der Hohen Gerichtsbarkeit gingen an das zuständige Grafschaftsgericht, dessen Zuständigkeit mehrere Markgenossenschaften umfasste.
Ursprünglich bestand die Mark aus dem Land innerhalb des Dorfetters, aus den Feldfluren und aus der Allmende. Für das spätere Mittelalter versteht man in diesem Zusammenhang unter “Mark” nur noch die Allmende. Demnach waren hochmittelalterliche und spätmittelalterliche Markgenossenschaften Nachbarschaftsverbände zur gemeinsamen, reglementierten Nutzung von Wald-, Weide- und Ödland. Eines ihrer Ziele war, der Übernutzung von Wäldern und Gehölzen durch Rodung oder Einschlag zur Bau- und Brennholzgewinnung entgegenzuwirken. Die Markgenossen beschlossen in ihrer jährlichen oder einer besonders einberufenen Dingversammlung (s. Märkerding) die Nutzungsrechte in der Mark und Strafen für Markfrevel. Wofern ein Genosse Grundeigentum aus dergemeinsamen Mark veräußern wollte, hatten die Mitmärker das Vorkaufsrecht (“Näherrecht”). Fremde durften sich nur mit einstimmiger Zustimmung der Genossen einkaufen. Gegen den Zuzug eines Fremden konnten Dorfgenossen binnen Jahresfrist Einspruch erheben und diesen zum Verlassen der besetzten Hofstelle auffordern (“Abtriebsrecht”). Folgte der Zugezogene dieser Aufforderung nicht oder legte er dagegen Widerspruch ein, so kam die Sache vor das Dorfgericht. Von Fremden erworbene Sachen – meist Grundbesitz – konnten gegen Erstattung des Kaufpreises eingezogen werden.