Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. | Entdecke in „Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen“ auf 111 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt. |
Militärwesen. Das germanische Volksheer hat sich spätestens unter Karl d. Gr. in ein Vasallenheer umgewandelt, wie aus den karolingischen Wehrpflichts-Capitularien hervorgeht. Diese wurden jährlich in gleicher oder ähnlicher Weise erlassen. Danach waren Lehnsleute generell oder je nach Besitz wehrpflichtig, ebenso alle Freien, sofern sie mehr als drei Hufen ihr Eigen nannten; ein Kämpfer konnte auch von zwei Freien mit jeweils zwei Hufen oder von einem mit zwei und einem mit einer Hufe gestellt werden. Nicht-Grundbesitzer („… pauper …, qui nec mancipia nec propriam possessionem terrarum habeat“) sollten zu je sechs einen Krieger ausrüsten. Lehnsleute des Königs oder der Fürsten konnten sich von der Heerfolge durch Geldzahlung freikaufen, nach dem Sachsenspiegel gegen ein Zehntel des Jahreseinkommens.
Größere stehende Heere wie in der grch. und röm. Antike waren im europäischen Mittelalter unbekannt; waffenfähige Männer wurden nur im Bedarfsfall und für bestimmte Zeit einberufen.
Eine militärische Disziplin wie etwa die Legionen der Römer hat es im Mittelalter nicht gegeben. Die Kämpfer (bellatores) unterlagen jedoch der Strafgewalt und damit der Kommandogewalt des Feldherrn. Gehorsamsverweigerung seitens eines Vasallen konnte mit dem Entzug des Lehens geahndet werden, das unerlaubte Entfernen vom Heer (s. herisliz) wurde mit dem Tod bestraft. Für die Masse der Kriegsknechte dürften Prügel die häufigste Strafe gewesen sein. – Gehorsam war am meisten bei den Ritterorden ausgeprägt, bei denen ein strenges Strafensystem und exakte Regeln für Dienst und Lehen bestanden.
Geistliche waren vom Heeresdienst ausgeschlossen; nur in Fällen äußerster Bedrängnis kämpften Bischöfe mit ihren Leuten an der Seite weltlicher Herren, so z.B. in der Lechfeldschlacht (955), in welcher Bischof Ulrich von Augsburg hoch zu Ross neben Kaiser Otto I. focht.
Vom 9. Jh. an verlagerte sich die Hauptlast des Kampfes vom Fußvolk (lat. pedestres) auf einen elitären Stand von Berittenen (lat. equestres; s. Ritter). Diesen erwuchs vom 11. Jh. an in Gewalthaufen von zunehmend gut ausgerüsteten und trainierten Fußsoldaten, in denen auch Unfreie kämpften, ernsthafter Widerpart.
Was die Angaben mittelalterliche Chronisten zur zahlenmäßigen Stärke der Combattanten anbetrifft, so ist Skepsis geboten: wenn von einem Kontingent von 100.000 Mann die Rede ist, so ist eine große Menge von Kriegern gemeint, und die Zahl dürfte um das Zehnfache übertrieben sein. – Kaiser Otto II. erließ 981 einen Gestellungsbefehl (zur Verstärkung seiner Truppen im Kampf gegen die Sarazenen), in welchem Herzögen und Grafen, Bistümern, Abteien und Städten das jeweils zu stellende Aufgebot zugemessen war; die Gesamtsumme belief sich auf annähernd 2.100 Mann, wobei die Bischöfe und Äbte die Hauptlast trugen.
(s. Artillerie, Brabanzonen, Fußvolk, Gefolgschaft, Heerbann, Heerfahrt, Krieg, Kriege, Markgraf, Reisige, Reisläufer, Ritter, Rüstung, Schar, Schlachten, Söldner, Spießbürger, Verteidigung, Waffen, Zeughaus)