Möbel

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Möbel (das Wort wurde im 17. Jh. v. frz. meuble [aus lat. mobile] eingedeutscht; mhd. schrin-ziuc; spmhd. schrein-zeuch; lat. bona mobilia = Fahrhabe. Beweglich war im Mittelalter nur ein Teil der Raumausstattung, da vieles davon fest eingebaut war). Die Ausstattung mittelalterliche Haushalte war insgesamt spartanisch und nahm erst im Spätmittelalter deutlich an Zahl und Typenvielfalt zu. Bis dahin kannte man in nicht-privilegierten Häusern lediglich Bettstatt (meist nur eine für die ganze Familie), Tisch, Bank und Truhe. Vermögende Leute besaßen Stühle, eine größere Zahl von Betten sowie mehrere Truhen und Kästen (zur Verwahrung von Kleidung, Wäsche und Wertsachen); Schränke kamen dagegen erst im ausgehenden Mittelalter auf.

Häusliche Einrichtungsgegenstände waren fast ausschließlich aus Holz, wurden durch täglichen Gebrauch abgenutzt und unansehnlich und überdauerten selten den Haushalt mehrerer Generationen. Aus der Zeit des Frühmittelalter sind daher nur wenige Prunkmöbel auf unsere Zeit gekommen, die aus Gründen der Pietät pfleglich behandelt und erhalten wurden. Von zeitgenössischen Möbeldarstellungen darf man auf die Konstruktion von profanen Gebrauchsmöbeln schließen. Abgebildet sind Thronsitze, Bänke, Stühle, Tische, Schränke, Betten und Truhen. Die häufigste Stuhlform war der Rundpfostenstuhl mit drei oder vier Beinen, mit oder ohne Lehne bzw. Armstützen. Seltener waren Faltstühle nach röm. oder germ. Vorbild. Stühle waren hohen Herrschaften vorbehalten; das übrige Volk saß auf Hockern und Bänken. Fma. Betten bestanden aus einem Rahmen mit vier Eckpfosten, sowie einer hölzernen Liegefläche oder einem federnden Geflecht aus Lederriemen oder Stricken. Tische waren entweder Holztafeln, die auf Böcken (mhd. tavel-schrage) aufgelegt und nach dem Mahl wieder fortgestellt wurden (“die Tafel aufheben”), einfache Zargenkonstruktionen mit viereckigen bzw. runden Beinen oder Holztafeln über schräg gekreuzten Beinen. Truhen aus der Zeit der Romanik waren schlichte zimmermannsmäßige Bohlenkonstruktionen aus Hartholz (Frontal- und Seitenwandstollentruhen), deren Flächen mit Schnitzwerk oder Eisenbeschlägen verziert oder farbig gefasst waren. Schrankmöbel (mhd. schranc = etwas Abgesperrtes; lat. armaria), anfangs zweigeschossig gegliederte Kästen, waren äußerst selten und dienten als Schatzschreine für Reliquien, liturgisches Gerät, kostbare Handschriften oder sonstige Wertgegenstände. Sie waren oft an architektonische Formen angelehnt, hatten ein Satteldach, romanische Halbsäulen oder Rundbogen und waren in der Fläche mit Schnitzereien, Eisenbeschlägen oder Bemalung ausgeschmückt.

Vom 13. Jh. an machte sich im Möbeldekor die neue Formensprache der Gotik bemerkbar. In der Konstruktion wurde ab 1400 die überkommene Zimmermannskonstruktion durch eine Schreinerkonstruktion aus Rahmenwerk und Füllung abgelöst. Möglich war dies durch die Einführung der Schneidemühlen in der 1. Hälfte des 14. Jh. geworden, dank welcher statt der plumpen gespaltenen Bohlen gleichmäßig dünne Bretter verfügbar waren. Hatte man in der Frühgotik vornehmlich Architekturformen (Maßwerk, Rosetten, Fialen usf.) zur Verzierung nachgebildet, so wandte sich die Spätgotik der Pflanzenornamentik zu sowie Profilierungen aus Hohlkehlen und Rundstäben, deren obere und untere Enden so ausgeschnitzt wurden, dass sie an gerolltes Pergament erinnerten (s. “Faltwerk”). Neuschöpfungen des Möbelbaus ergaben sich im 14. und 15. Jh., als das aufstrebende Bürgertum spezielle Bedürfnisse entwickelte. Zu den Neuentwicklungen zählten: Speiseschrank (spisekasten), Kredenz (s. Gifte), Stollenschrank, Zargentisch, Truhenbank, vierbeiniger Tisch mit schräggestellten Beinen, Schreibpulte mit schräger Arbeitsplatte und z.T mit integrierten Bücherborden, Brettstühle, Scherenstühle u.a. Das wohl wichtigste Möbelstück bei arm und reich war die Bettstatt. Sie war Sinnbild der Geborgenheit, der Wärme und Bequemlichkeit und nicht zuletzt der ehelichen Zweisamkeit. Gearbeitet als aufwendiges Gestell oder als einfacher Holzrahmen, stand sie auf hohen Füßen, um Raum für das Kinderbett oder die Kinderwiege zu bieten, hatte eine Brettertafel oder Bänderflechtwerk als Unterlage für die Matratze, eine hohe Rückwand, häufig einen Baldachin aus Holz oder Stoff und seitliche Vorhänge. An den Längsseiten standen Truhen als Hilfen beim Besteigen der Bettstatt. Zur Ausstattung der Schlafkammer gehobener Kreise gehörte ein Waschkasten (Wasserschrank; s. Hygiene).

Weit entfernt von diesem klein- und großbürgerlichen Komfort waren die spartanischen Asketenbetten klösterlicher Dormitorien und auch die – oft mit mehreren Personen belegten – Hospitalbetten.

(s. Bett, Essen und Trinken, Wiege)

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