Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Muschelseide (Meerseide, Seeseide; lat. byssus). Auf den Sandgraswiesen der flachen Küstengewässer des Mittelmeeres lebt die bis zu einem Meter große “Edle Steckmuschel” (Pinna nobilis). Sie verankert sich mit ihrem bis zu 20 cm langen Faserbart, dem Byssus, an den Blättern von Seegras. Die Fäden des Byssus bestehen aus dem geronnenen Sekret mehrerer Drüsen; sie zeichnen sich durch besonderen Glanz, durch Feinheit und große Reißfestigkeit aus. Ursprünglich wurden die Muscheln durch Taucher, später mittels spezieller Gabeln oder Zangen vom Boot aus gehoben. Die “geernteten” Muscheln lieferten außer dem Byssus (1 – 2 gr. je Muschel) auch schmackhaftes Fleisch (bis zu 1 kg), Perlmutt und unregelmäßig geformte Perlen. Die Byssusfäden wurden in einem aufwändigen Prozess gereinigt, gekämmt und getrocknet, danach zu Garn gesponnen und zu golden irisierendem, feinsten Seidentuch verwebt. (Für ein kg. reine Muschelseide war die Ernte von bis zu 4.000 Tieren nötig.
Aufgrund der hohen Gestehungskosten – Muschelseide wurde gegen Gold aufgewogen – verwendete man sie nur für kleine hochwertige Textilprodukte (Handschuhe, Mützen, Kappen, Schleiertücher), mit denen sich wiederum nur höchste weltliche und geistliche Würdenträger schmücken konnten. Die Verwendung von Meerseide geht auf die römische Antike zurück und war auch im europäischen Mittelalter bekannt. Als ältestes erhaltenes Objekt gilt eine Mütze aus dem 14. Jh., die bei Paris gefunden wurde.