Nachgeburt

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Nachgeburt (mhd. die ander gepurt, nachburt; lat. secunda, pellis secundina, placenta maternalis). Der Mutterkuchen (placenta) samt Fruchthülle und Nabelschnur lösen sich bei der Frau nach der Geburt des Kindes durch die nachgeburtlichen Wehen von der Gebärmutterwand und werden ausgestoßen. Die Feststellung des restlosen Abgangs war Aufgabe der Hebamme. (Bei Erika Uitz, S. 69 u., findet sich die bildliche Darstellung einer den Nachgeburtsabgang beobachtenden Hebamme, aus der “Chirurgia” des Gerhard von Cremona, 12. Jh.) Nachgeburtsverhaltung (retentio secundinarum) führte zu Gebärmutterentzündung und Kindbettfieber.

Die Nachgeburt wurde, meist nach Sonnenuntergang und unter Gebeten oder Zaubersprüchen, in fliessendes Wasser geworfen, verbrannt oder weit abseits und sicher vor Hunden und Katzen vergraben. Grund für die alsbaldige Beseitigung der N. lag auch darin, sie vor Hexen in Sicherheit zu bringen, die daraus einen Wechselbalg machen würden. – Die Volksmedizin kannte den Brauch, menschliche Nachgeburt und solche von Haustieren zu Asche zu verbrennen, die man zur Behandlung jeweiliger Krankheiten verwendete. (So gab man z.B. das Pulver der N. von Frauen bei Epilepsie oder Tobsucht.),

Das Heilkräuterbuch “Macer floridus” empfiehlt zur Förderung des Nachgeburtsabgangs Scheidenräucherung mit Knoblauch (allium), ferner einen Trank mit Samen von Wegerich (plantago) oder einen solchen von der Abkochung von Eibischwurzel (althaea), oder einen von Poleiminze (pulegium) in Wein, oder einen von Hohlwurz (aristolochia) in Wein.

Hildegard v. Bingen schreibt zu dem Thema: “… wächst um diese Gestalt (des werdenden Menschen) aus dem Monatsblut des Weibes ein Häutchen, einer Samenkapsel vergleichbar, welches sie zusammenhält und umgibt, so dass sie nicht hin und her bewegt werden und nicht fallen kann. … In ihm hat hat sie die Wärme und in ihm wird sie zur weiteren Unterstützung bis zur Geburt durch das schwarze Blut der Leber des Weibes ernährt.”

In der Volksmedizin verwandte man verbrannte und pulverisierte N. innerlich gegen Fall- und Tobsucht, äußerlich gegen Brustentzündung der Mutter und gegen Leibweh.

(s. Geburt, Gynäkologie und Geburtshilfe, Hebamme,Kindbettfieber, Wochenbett)

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