Nadel

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Nadel (mhd. nadel[e], ahd nad[a]la = Gerät zum Nähen; lat. acus). Nähnadeln aus Eisen waren schon zur Keltenzeit bekannt (Funde bei Manching in Oberbayern, 3. Jh. v. Chr.). Aus griech. und röm. Funden sind Kupfernadeln bekannt. Bei ihnen wurde ursprünglich das Öhr durch Umbiegen des einen Endes hergestellt, später wurde in das breitgehämmerte Ende ein Spalt geschnitten und die beiden freien Endchen wieder zusammengebogen. Die mittelalterliche Nadelhersteller (mhd. nadeler, naldener; mlat. acufex, acicularius, acuarius) stellten seit der Erfindung des Drahtziehens (im 11./12. Jh.) Nähnadeln aus Stücken von Eisen- und Messing-, später aus Stahldraht her, dessen eines Ende mit der Feile oder am Schleifstein zugespitzt wurde, dessen anderes Ende – auf überkommene Weise – gespalten und dann zum Öhr zusammengeklopft wurde. Zentren der mittelalterliche Nadelproduktion waren Nürnberg, wo Nadler schon 1370 in Zünften organisiert waren, das mittelfränkische Schwabach und das sauerländische Iserlohn.

Mit dem Gebrauch der Nähnadel kam eine Schutzvorrichtung für den Finger auf, welcher beim Nähen den Druck auf das Nadelende ausübte. Als noch überwiegend Nadeln aus Knochen oder Horn verwendet wurden, gab es Nähringe (mit kleinen Vertiefungen, um das Nadelende gegen Abgleiten zu sichern); sie waren aus Knochen, Horn, Elfenbein oder Bronze gefertigt. Mit dem Aufkommen von Metallnadeln wurde die Verletzungsgefahr größer, und man schloss den Nähring zu dem noch heute geläufigen Fingerhut (mhd. vingerhuot), der mit Stanzen aus einem Eisen-, Kupfer- oder Messingblechstreifen geschlagen wurde. Außer Fingerhüten aus Metall soll es welche aus Knochen (Bein), Elfenbein, Horn und Leder gegeben haben. Das für Näherinnen, Schneider, Kürschner, Riemer, Sattler, Taschner, Beutler und Schuster unentbehrliche Requisit ist schon von Hildegard von Bingen beschrieben; es taucht auf als Gelegenheitsfund oder überdauerte als Grabbeigabe. Fingerhutmacher (mhd. vingerhuoter) sind seit dem 14. Jh. nachgewiesen. Sie schlossen sich in Nürnberg zu einer eigenen Zunft zusammen – erstmals genannt 1337 – und wurden 1490 den Rotschmieden angegliedert. Führend in der Fingerhutherstellung war Nürnberg.

Wie andere spitze Gegenstände aus Eisen (Scheren, Gabeln, Nägel etc.) galten sie sowohl als Werkzeuge des Schaden- wie auch des Abwehrzaubers. So berichtet der Theologe Duns Scotus von angezauberter Impotenz (Impotentia ex maleficio), die durch das Umbiegen einer Nähnadel bewirkt werden könne. Besonders gefürchtet war der Bildzauber, bei dem man von dem Menschen, den man schädigen oder töten wollte, eine Figur aus Wachs (Ton, Lehm) machte und mit Nadeln durchstach. Von diesem magischen Brauch wussten schon Ovid und die alten Ägypter. Belegt ist er auch im “Hexenhammer” von Jakob Sprenger und Heinrich Institoris (15, Jh,).

In der mittelalterliche Volksmedizin unterschied man zwischen Anwendungen für Näh- und solchen für Stecknadeln; so sollten Geschwüre mit einer Stecknadel aufgestochen werden, da mit Nähnadeln Krankheiten übertragen würden. Auch Stricknadeln, kreuzweise über eine kranke Körperstelle gelegt, brachten Heilung.

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