Nikolaus Cusanus

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Nikolaus Cusanus (N. de Cusa, N. Brixiensis, N. Krebs, N. Cancer, auch N. Cryfftz von Kues; 1401-64). Sma. Kirchenjurist, Theologe, Philosoph, Historiker und Mathematiker. Mit 15 Jahren zog der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns und Schiffers aus Kues an der Mosel an die Universität von Heidelberg zum Grundstudium der “artes liberales”, später studierte er Kirchenrecht, aber auch Mathematik, Astronomie und die griechische Sprache in Padua, schloss mit dem Doktorgrad ab und kehrte 1423 nach Deutschland zurück. In Köln studierte er Theologie und entwickelt seine philosophischen Gedanken. Zwischen 1436 und 1440 wurde er zum Priester geweiht. Nikolaus war als Rechtsgelehrter tätig und arbeitete als Kirchenpolitiker für die Trierer Erzbischöfe und später für den Papst (Eugen IV. schickte ihn als Legaten nach Konstantinopel, um die Wiedervereinigung der Kirchen vorzubereiten). Er spielte eine wichtige Rolle beim Konzil von Basel, wurde 1448 Kardinal von S. Pietro in Vinculi und drei Jahre später Bischof von Brixen. 1457 zog er sich wegen eines Konflikts mit Herzog Sigismund von Österreich für den Rest seines Lebens nach Rom zurück. 1464 ist er in der Bischofsstadt Todi am Tiber gestorben. Er wurde in seiner Titelkirche S. Pietro in Vinculi beigesetzt, sein Herz wurde nach Kues überführt.

Seine philosophischen und naturwissenschaftlichen Schriften vermachte er zusammen mit seiner bedeutenden Bibliothek dem von ihm gegründeten Stift St. Nikolaus in Kues an der Mosel. Cusanische Zentralbegriffe sind die “Coincidentia oppositorum”, die Überwindung der endlichen Gegensätze (z.B. Gott-Mensch, Einheit-Vielheit, All-Erde) im Unendlichen, in Gott, und die “docta ignorantia”, die belehrte Unwissenheit als einzig mögliche Annäherung an Gott, nach der man von Gott nur sagen kann, was er alles nicht ist (negative Theologie). Seine docta ignorantia unterscheidet sich von der klassischen Theologia mystica dadurch, dass sie die Vereinigung mit Gott mehr mit wissenschaftlichen Mitteln als durch den Affekt sucht. Die Erkenntnistheorie des Cusanus weist bereits über das Mittelalter hinaus: was Gott als Wirklichkeit erschaffen hat, entsteht im menschlichen Hirn durch Nachdenken als näherungsweises Bild wieder. Das menschliche Denken ist unvollkommen, es führt nicht zu absoluter Erkenntnis, nur zu weitgehender Annäherung an die Wirklichkeit. In “De visione Dei” heißt es: “Das höchste Wissen ist nicht in dem Sinn als unerreichbar anzusehen, als wäre uns jeder Zugang zu ihm versperrt, noch dürfen wir es jemals erreicht und wirklich erfasst wähnen, vielmehr ist es derart zu denken, dass wir uns ihm beständig annähern können, während es dennoch in seiner absoluten Wesenheit dauernd unzugänglich bleibt.”

Mit seiner Schrift “De concordantia catholica” (1433) gibt er eine religiöse Begründung der Hierarchie (als Ausdruck der Einheit aus Vielem) und des Konziliarismus’ (zwar gründe die Rechtmäßigkeit eines Konzils im Einberufungsakt des Papstes und in dessen Anwesenheit, doch rangierten die Beschlüsse der Konzilsmehrheit vor Entscheidungen des Papstes).

In “De pace fidei” (verfasst 1453 nach dem Fall Konstantinopels) erläutert er die Einheit der Religionen unter Beibehaltung unterschiedlicher Riten. In seiner “Untersuchung des Korans” (1461) stellt er die Konvergenz islam. und christl. Glaubensaussagen heraus. Den Ritualen polytheistischer Religionen bescheinigte er Vergleichbarkeit mit dem christl. Gottesdienst – wurden in diesen doch die eine Gottheit in allen Göttern verehrt.

Als Naturwissenschaftler befasste sich Nikolaus mit der mathematischen Strukturierung der Wirklichkeit, mit der Relativität von Bewegungen, er beschrieb quantitative Experimente entwickelte die Theorie eines unendlichen Kosmos und vermutete bewohnte Welten im Bereich der Fixsterne. Er erkannte die Achsendrehung der Erde und ihre Drehung um die Sonne und entwarf eine Landkarte Mitteleuropas, die 1491 gestochen wurde. In “De circuli quadratura” (1450) befasste er sich mit der Quadratur des Kreises. Weitere Schriften: “De coniecturis”, “Idiota de sapientia, de mente, de staticis experimentis” (1450), “De beryllo”, “De ludo globi”, “De visione Dei” (1453).

War er im Geistigen ein Neuerer und Wegbereiter des Humanismus’, so blieb er im praktischen Leben mittelalterliche Praxis verhaftet – wie er bei der Pflege seiner kirchl. Karriere, mit seiner Machtpolitik als Fürstbischof von Brixen und mit seiner diffamierenden Judenpolitik bewies.

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