Notfeuer

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Notfeuer (auch: wildes Feuer, Reibfeuer; mhd. nothfewr, notviur, wahrscheinl. von german. hnotfiur = durch Reiben entzündetes Feuer oder von Not = Gewalt [vgl. Notzucht, Nothzwang]; lat. ignis frictus, ignis fricatus de ligno, ignis coactus ex ligno). Schon im ®”Indiculus superstitionum et paganiarum” als notfyr erwähntes Feuer zur Abwendung und Heilung von Tierseuchen (Rinder-, Schweinepest, Rotlauf, Milzbrand). Der mittelalterliche Brauch stammt aus der germanischem Volksmedizin, wurde nicht von Einzelnen sondern genossenschaftlich gepflegt und sollte sich trotz kirchlicher Diffamierung (“illos sacrilegos ignes, quos nied fyr vocant”) mancherorts bis ins 19. Jh. halten (Belege bei H. Freudenthal). Wesentliche Voraussetzungen für die apotropäische Zauberwirkung waren, dass das Feuer aus Eichenholz (oder aus bestimmten anderen Hölzern) entzündet wurde, dass es nicht auf alltägliche Weise mit Stahl und Stein sondern auf altertümliche Art durch Reibung (zweier Hölzer aneinander oder zwischen einer Walze bzw. einem Rad und einem Holzscheit) erzeugt war, und dass alle anderen Feuer (Herd-, Ofen-, Licht) der jeweiligen Ortschaft gelöscht worden waren. Über die krankheitsvernichtende Feuersglut bzw. durch deren Asche oder Rauch wurden – vorteilhafterweise in einem Hohlweg – Schweine, Rinder oder Schafe getrieben, auch Pferde, Gänse und Ziegen. Nach Beendigung der Zeremonie wurden die Herdfeuer mit Glut aus dem Notfeuer wiederentzündet. Notfeuerasche galt als durch das nach alter Sitte neu erzeugte Feuer gereinigt und geheiligt und wurde als Medizin eingegeben. Der Brauch ist in Nord- und Mitteldeutschland häufiger belegt als in Süddeutschland.

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