Papierherstellung

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Papierherstellung. Stroh, Rinde, Hanfstengel, Hadern (Lumpen) aus Flachs- und Baumwollstoffen wurden zunächst auf dem mit einem Sensenblatt bewehrten Reißstuhl zerfetzt, dann dann zu Faulen angesetzt, um die Gewebsfasern mürbe zu machen; seit dem 15. Jh. setzte man der Faulbrühe Kalkmilch zu, um die Fasern zu bleichen. Die so entstandene Masse kam in das Stampfwerk der Papiermühlen, die meist von Wasserkraft angetrieben waren, und wurde unter Zugabe von Pflanzenasche oder Kalk zu einem wässrigen Faserbrei, dem “Halbzeug” zerstampft. Das Halbzeug kam nach einer Bearbeitungspause von einigen Tagen erneut in die Stampfe und wurde danach als “Ganzzeug” in die Bütte gefüllt, mit Wasser und Leim aufgegossen und verrührt. (Papierleim bestand aus tierischem Material, aus Stärkekleister, der aus Weizenmehl hergestellt war oder als Alaun [Aluminiumsulfat].) Der “Schöpfer” fasste mit dem planen, starren Drahtsieb Papierbrei aus der Bütte, verteilte durch Rütteln die Papiermasse gleichmäßig auf der Siebfläche und ließ dabei das überschüssige Wasser ablaufen. Dann reichte er das Sieb an den “Gautscher” weiter, der es über einem Filz umstülpte. (Das Sieb war fest in einen Holzrahmen eingespannt und hatte einen abnehmbaren Rahmen, den “Deckel”, der das Abfließen des Papierbreis über den Rand verhinderte.) Der “Leger” stapelte die Filzstücke mit den darauf abgelegten Papierbögen zu einem Stapel, aus dem mit Traubenpressen ähnelnden handgetriebenen Gautschpressen mit hohem Kraftaufwand das Wasser ausgepresst wurde. Nach dem Pressen löste der Leger die Papierbogen von den Filzen. In mehrgeschossigen Trockenböden wurden die Bogen zum fertigen Papier weitergetrocknet. Das hochwertige Schreibpapier aus weißem Leinenmaterial wurde nach dem Trocknen in eine Leimbrühe aus Knochen und Lederabfällen getaucht und wieder gepresst und getrocknet; dadurch sollte die Saugfähigkeit verringert werden. Letzte Schritte der Papierherstellung waren Glätten der Bogen und Egalisieren der Ränder.

Die Arbeit der Papierer (mlat. bapirifex) schädigte auf vielfältige Weise die Gesundheit: der Umgang mit den staubigen Lumpen löste Erkrankungen der Atemwege aus (darunter die Hadernkrankheit [=Milzbrand] und Lungentuberkulose), der Lärm des Stampfwerks konnte zu Schwerhörigkeit und Taubheit führen, stete Nässe an der Bütte und Zugluft auf den Trockenböden riefen rheumatische Beschwerden hervor. Dazu kamen der Gestank in der Leimküche und die fast ausschließlich stehende Arbeitsweise.

Der steigende Papierbedarf ließ den konzessionierten, jedoch verachteten Beruf des Lumpensammlers entstehen, der nicht nur abgetragene Kleidung und allerlei textile Fetzen – einschließlich gebrauchter Verbände und schmutziger Putzlumpen – sondern auch Papierabfälle sammelte und bei Papiermühlen ablieferte.

(s. Gautschen, Papier, Wasserzeichen)

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