Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Papsttum, Papst (mhd. babest, pabis, paves; spätahd. babes; kirchenlat papa = Bischof [von Rom], v. grch. pappas = Vater; papatus = Papsttum, aufgekommen im 11. Jh.). Die ehrende Anrede “pappas” war in der Alten Kirche für Äbte, Bischöfe und sogar für einfache Priester gebraucht worden. Von der Mitte des 5. Jh. an wurde der Titel zwar fast nur noch für den Bischof von Rom verwandt, die ausschließliche Reservierung in diesem Sinne wurde aber erst von Gregor VII. (1073 – 85) festgeschrieben. (Andere Bezeichnungen waren: “servus servorum dei”, “vicarius Petri” [Stellvertreter des Petrus], “vicarius dei”, “Summus Pontifex”, “Pontifex maximus”, “caput Ecclesiae” …) Bis ins 10. Jh. behielten die Päpste ihre Rufnamen bei, sofern sie nicht unerwünschte Assoziationen weckten; die später übliche Namensänderung sollte betonen, dass der auf den Stuhl Petri Berufene zu einem neuen Menschen geworden war. Später wurde die Benennung nach einem früheren Kirchenführer auch als programmatische Verpflichtung angesehen. Als erster hat Johannes II. (533-535) seinen Taufnamen (Mercurius) gegen einen traditionsreichen Amtsnamen abgelegt. Gregor III. (731-741) fügte seinem Namen als erster eine Ordnungszahl an.
Das röm. Bischofsamt war von Anfang an durch seinen Sitz in der Reichshauptstadt, am Ort des Martyriums und der Grablegung der Apostelfürsten Petrus und Paulus vor anderen ausgezeichnet, was jedoch zunächst keine juristische Vorrangstellung beinhaltete; erst etwa 1.000 Jahre später sollte sich der Papst den Titel “oberster und für alle zuständiger Richter” der Christenheit (“iudex ordinarius omnium”) zulegen. Eine bibl. Begründung des Petrus-Amtes (“Petrinische Doktrin”) wurde erst vom 3. Jh. an konstruiert (Stephan I., 254 – 257). Nach Verlegung der kaiserlichen Residenz nach Byzanz (Konstantinopel, 330) gewann Rom als einziger Patriarchensitz des weströmischen Reiches an zusätzlichem Gewicht. Leo I. (440 – 461) war der erste, der die Vollgewalt über alle Bischöfe und die gesamte Kirche für den röm. Bischof beanspruchte. Dieser Anspruch blieb zwar nie unwidersprochen und war die Hauptursache für das Morgenländische Kirchenschisma im 11. Jh., sollte sich jedoch später gegen den Konziliarismus durchsetzen. Die Papstwahl war bis ins 11. Jh. von weltl. Einflussnahe bestimmt, erst durch die von Nikolaus II. durchgesetzte Verfahrensregel (1059) wurde das Wahlrecht (s. Papstwahl) auf das Kardinalskollegium begrenzt. Die Amtszeit des Papstes sollte mit dessen Tod enden, im Mittelalter kam es jedoch zu mehreren Fällen zwangsweiser oder freiwilliger Resignation. In der Folge der Päpste, die vor allem für die ersten Jh. lückenhaft und nicht frei von historischen Zweifeln ist, stehen neben wenigen heiligmäßigen viele machtgierige und korrupte Persönlichkeiten.
Das Geschichte des europäischen Mittelalter ist ohne den Einfluss päpstlicher Gewalt nicht denkbar. Karl d. Gr. setzte die Macht der Papstkirche für seine Ziele (Missionierung, Kultivierung) ein und festigte seinerseits das Papsttum (s. Karlische Schenkung). Dass Leo III. König Karl in der Peterskirche die Kaiserkrone aufs Haupt setzte, lag möglicherweise mehr im Interesse des Papstes, der für die Verfolgung seiner Ziele eines mächtigen Schutzes bedurfte. Nachdem sich das Christentum im Abendland als einzige anerkannte Religion etabliert hatte, waren die weltl. Herrscher auf die kooperative Haltung eines Klerus angewiesen, der seinerseits weisungsabhängig von Rom war. Aus der Rivalität zwischen weltlicher und päpstlicher Macht mussten sich Konflikte ergeben, die in Ereignissen wie dem Investiturstreit (1075 – 1122) oder dem daraus resultierenden Kirchenbann über König Heinrich IV. (1075, durch Gregor VII.) oder der Gefangennahme von Papst Paschalis II. durch König Heinrich V. (1111, in Rom) gipfelten. Die Übersteigerung päpstlicher Machtansprüche erreichte unter Bonifaz VIII. (1294-1303), der in seiner Bulle “Unam Sanctam” nichts geringeres als die Heilsnotwendigkeit der Unterwerfung aller Kreatur unter das Papsttum postulierte, ihren Höhepunkt. König Philipp der Schöne von Frankreich ließ Bonifaz verhaften, es folgten die Übersiedlung der Päpste nach Avignon und das Große Abendländische Schisma.