Parasitenbefall

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Parasitenbefall. Auf eine erhebliche Durchseuchung der mittelalterliche Bevölkerung mit Endoparasiten (Eingeweide-Makroparasiten, Finnen) kann anhand der Funde von Wurmeiern im Inhalt von Abfallgruben und Kloaken geschlossen werden. Die Gefährlichkeit eines Wurmbefalls, besonders für Kinder, war bekannt, und man versuchte sich in der Behandlung durch verschiedene Heilmittel.

Nachgewiesen wurden Eier von: Spulwurm (Ascaris), Peitschenwurm (Trichuris), Fischbandwurm (Diphyllobothrium), Großem Leberegel (Fasciola), Lanzettegel (Dicrocoelium), Madenwurm (Enterobius) sowie Schweine- und Rinderbandwurm (Taenia saginata und Taenia solium). Auf den Befall mit Finnen von einem Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) lassen Funde von verkalkten Cysten im Brustraum mittelalterliche Bestattungen schließen. Der Körper reagiert auf chron. Eingeweideparasiten-Befall mit einer Palette von Krankheitsbildern wie: Übelkeit, Erbrechen, kolikartigen Leibschmerzen, Anämie, Ödemen, Abgeschlagenheit, Schlaflosigkeit sowie bei Kindern Wachstums- und Entwicklungsstörungen. Die Schwere der Erkrankungen richtet sich nach Zahl der Würmer (bis zum Darmverschluss durch Wurmknäuel bei Massenbefall), Sitz der gewebsverdrängenden Finnenblase (eines Larvenstadiums von Bandwürmern, in Leber, Lunge, Gehirn) und allgemeiner Widerstandskraft der Befallenen. Auch nur geringer Wurmbefall wirkte sich resistenzmindernd aus und begünstigte das Angehen anderer Infektionen.

Die Essgewohnheiten und die hygienischen Verhältnisse der Zeit haben die Verbreitung der parasitären Infektionen begünstigt.

Die häufigsten Behandlungsmethoden bestanden in Aderlässen und der Verabreichung von Abführmitteln (s. Purgantia, Purgieren).

Von den Ektoparasiten hatte der allgegenwärtige Floh eine zentrale Bedeutung für die Übertragung des Pesterregers von der Wanderratte über die Hausratte bis zum und zwischen den Menschen. Weitere häufige Parasiten aus dem Reich der Arthropoden waren Läuse (Pediculidae), Wanzen (Cimicidae), Haarmilben (Listrophoridae) und Zecken (Ixodidae). – Gegenseitiges Absuchen nach und Befreien von Flöhen und Läusen (mhd. lusen = lausen) war ein geläufiger Zeitvertreib in der Familie.

Die Fachliteratur des Mittelalter thematisierte die Parasitologie äußerst selten. Isidor von Sevilla schreibt in seiner „Ethymologiae“ über Hautveränderungen bei Krätze: „Impetigo est sicca scabies, prominens a corpore cum asperitata et rotundata forma. Hanc vulgus sarnam appellat“. Er kannte den Erreger Sarcoptes scabiei noch nicht, anscheinend jedoch Hildegard von Bingen, die in ihrem „Liber simplis Medicinae“ schreibt: „… proefatos vermiculos mortificat, qui in carne hominis nascuntur“. Eingeweidewürmer (Spulwürmer) dachte sie sich als aus giftigen Körpersäften entstanden; wofern sie nicht von selbst wieder verschwänden, brächten sie einen Befallenen von Kräften. Als Medizin empfiehlt sie einen Sud von Brennnessel-, Wollblumen- und Walnussblattsaft. Albertus Magnus beschreibt in seinem „De animalibus“ die Finnenkrankheit des Schweines, humane Ektoparasiten und verschiedene Nematoden. Arnaldus von Villanova war wohl der erste westl. Autor, der sich eingehend mit mehreren Arten der Plattwürmer befasst hat. Erst gegen Ende des 15. Jh. nehmen Abhandlungen über Parasiten in den Enzyklopädien breiteren Raum ein, so z.B. im „Hortus sanitatis“ des Johann von Cuba.

(s. Ungeziefer, Wurm)

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