Parler

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Parler war der Name einer weitverzweigten Baumeister- und Bildhauerdynastie des 14. Jh., die vor allem in der Person ihres Hauptvertreters Peter Parler eine Schlüsselstellung in der Übergangszeit von der Hoch- zur Spätgotik einnahm. Der Familienname kommt von der Berufsbezeichung parlier, paleyr, poleyr (Stellverteter des Bauhüttenmeisters, des magister operis). Steinmetze dieses Familiennamens treten in der zweiten Hälfte des 14. Jh. in Deutschland, Böhmen, Österreich, Italien und in der Schweiz auf, sie sind – teilweise maßgeblich – an vielen großen Kirchenbauten Mitteleuropas beteiligt, so an denen von Köln, Straßburg, Freiburg, Basel, Ulm, Augsburg, Nürnberg, Wien, Buda, Agram und Mailand. Die genealogische Zuordnung ist – außer für Michael und Peter, die Söhne Heinrichs d. Ä. – problematisch. Gemeinsames Zeichen der ganzen Familie ist das doppelt gewinkelte Maßbrett des Poliers (der Winkelhaken).

Heinrich Parler der Ältere, auch Heinrich von Gmünd, Heinrich I. (um 1305 – um 1370), der ersterwähnte Namensträger, war als Parlier der Kölner Dombauhütte („Parlerius de Colonia“) tätig, bevor er als Werkmeister ab 1351 den Bau des spätgotischen Heiligkreuzmünsters zu Schwäbisch Gmünd leitete. (Von da an wurde er auch Heinrich von Gmünd genannt). Diese Hallenkirche mit Chorumgang wirkte vorbildhaft für die Sondergotik Deutschlands. Von Heinrich stammt wahrscheinlich der Chor der Frauenkirche in Nürnberg; bei diesem Bau hat ihn wohl sein Sohn Peter als Parlier vertreten. Auf Heinrichs Entwürfen basieren vermutlich auch das Ulmer Münster und der Chor des Augsburger Doms. Als Bildhauer hat Heinrich einen neuen Skulpturenstil entwickelt, der durch kraftvolle Körperlichkeit und ausdrucksstarke Gesichter gekennzeichnet ist.

Peter Parler (Peter Parler von Gmünd; 1330 – 1399), Sohn des Heinrich v. Gmünd, war der genialste seines Namens. Er wurde 1352 von Kaiser Karl IV. nach Prag gerufen und vollendete dort bis 1385 den Chor des St.-Veits-Domes. Auch der Chor der Allerheiligenkirche auf dem Hradschin und die Prager Karlsbrücke mit dem Altstädter Brückenturm sind sein Werk; die Prager Teynkirche mit ihren markanten Westtürmen geht auf seine Schule zurück. Auch als Bildhauer wirkte er schulbildend; er schuf einen eigenen realistischen Skulpturstil, der in der zweiten Hälfte des 14. Jh. von Prag aus nach Süd- und Mitteldeutschland ausstrahlte. Physiognomische Treue und akkurate Detailausführung kennzeichneten seine Plastiken, beispielsweise die 21 Porträtbüsten der kaiserlichen Familie in der Triforiumsgalerie des Prager St.-Veits-Domes und die Figur des hl. Wenzel in der Wenzelskapelle. Peter selbst hat sich in einer Büste der erwähnten Triforiumsgalerie im Veitsdom verewigt. In der Parlerschen Stiltradition stehen die Apostelfiguren der St. Lorenzkirche zu Nürnberg, der dortige Schöne Brunnen ist wahrscheinlich ein Werk von Heinrich II. Parler. Von Peters fünf Söhnen aus zwei Ehen traten Wenzel und Johann in seine Nachfolge ein. (Wenzel, um 1360 – 1404, arbeitete in den 90er Jahren mit seinem Vater am Südturm des Prager Veitsdomes, bevor er 1397 als Werkmeister der Stephanshütte nach Wien berufen wurde. Johann, um 1360 – 1406, wird als Dombaumeister zu Prag genannt. Er arbeitete auch in Kolin und Kuttenberg.)

Michael (I.) Parler (um 1335 – 1398), Sohn des Heinrich v. Gmünd, wird als Steinmetz im böhm. Goldenkron (1359) und in Prag (1383) nachgewiesen.

Johann (I.) v. Gmünd, Bruder von Peter und Michael Parler, war Werkmeister an den Domen zu Basel (1357 Wiederaufbau des durch Erdbeben teilweise zerstörten Münsters) und Freiburg (seit 1359 Baumeister des neuen Chores am Münster).

Heinrich v. Gmünd (Selbstnennung auch Heinrich von Freiburg; geb. nach 1350), Sohn des vorgenannten Johann v. Gmünd, als Bildhauer in Wien und Prag tätig, wurde 1381 zum Baumeister des Markgrafen Jodok von Mähren ernannt.

Michael v. Gmünd (um 1350 – 1388), Bruder des vorgenannten Heinrich v. Gmünd, arbeitete als Werkmeister am Straßburger Münster.

Heinrich II. Parler, Sohn des Heinrich v. Gmünd, errichtete 1361-72 den Ostchor v. St. Sebald in Nürnberg und lieferte den Entwurf für den Schönen Brunnen auf dem Nürnberger Marktplatz (1385-96).

Folgende Meister des Namens Parler können genealogisch nicht identifiziert werden:

Heinrich v. Gnünd d. Ä. (H. v. Ulm; gest. 1387) arbeitete als Bildhauer am Ulmer Münster.

Heinrich v. Gmünd d. J. (geb. um 1360), 1387 – 91 Werkmeister des Ulmer Münsters. Danach als magister Henricus de Ulma an der Domhütte Mailand. Hier konnte er sich – wie andere deutsche Baumeister vor ihm – mit seinen Plänen nicht durchsetzen und verließ nach ca. einem Jahr den Bau.

Michael II. Parler und Heinrich III. Parler werden als Baumeister am Ulmer Münster genannt.

Michael III. Parler (geb. nach 1354) war Dombaumeister in Straßburg.

Heinrich IV. Parler wird die sog. Parlerbüste (Köln, um 1390) zugeschrieben.

Am Entwurf des Mailänder Doms (2. Hälfte 14. Jh.) waren neben anderen Meistern Hans Parler und Heinrich III. Parler beteiligt. Letzterer verließ die Bauhütte, als sein Entwurf für ein stark überhöhtes Mittelschiff abgelehnt wurde.

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