Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Randgruppen. Zu gesellschaftlichen Randgruppen des Mittelalter wurden Personen oder Personengruppen gezählt, die auf irgendeine Weise vom Wertesystem der Gesellschaft abwichen. Ausgrenzende Eigenschaften in diesem Sinne konnten in “unehrlicher” Geburt oder in Nichtsesshaftigkeit begründet sein, in Herrenlosig- und damit Schutzlosigkeit oder in Verfemung durch die normensetzende Geistlichkeit, in bestimmten Krankheiten oder abweichendem Glauben. Stets reagierten diesen Außenseitern gegenüber weltliche wie kirchliche Obrigkeiten sowie die systemgerechte Gesellschaft mit Vorurteilen und Misstrauen, mit Diffamierung und Diskriminierung.
Eine (unvollständige) Aufzählung derer, die im Hochmittelalter zu den Randgruppen gezählt wurden, gibt Konrad von Mure in seiner “Summa der arte prosandi”: “Pauperes, debiles, ceci, claudi, manci, loripedes vel alias corpore deformati, kalones, joculatores, saltadores, fidicines, tibicines, lyricines, tubicines, cornicines, hystriones, gesticulatores, nebulones, parasiti umbre, mensivagi, scurre, ribaldi, buflardi, publice mulieres quasi syrenes.” (Arme, Schwache, Blinde, Hinkende, Verstümmelte, Humpelnde oder anderswie Körperbehinderte, Trossknechte, Gaukler, Tänzer, Lautenschläger, Flötenspieler, Lyraspieler, Tubabläser, Hornisten, Schauspieler, Pantomimen, Windbeutel, Parasiten, Schmarotzer, Possenreißer, Strolche, Spaßmacher, Huren gleich Sirenen.) Der Prediger Berthold von Regensburg diffamiert besonders diejenigen als von Gott Abgefallene und nicht zur christlichen Gemeinschaft Zählende, welche durch Gebärden, Grimassen oder Lieder das Gelächter des Publikums anreizen: Diese seien “eht gar von uns gevallen und aptrunig worden. Daz sint die gumpelute [Possenreißer], gyger und tamburer, swie die geheissen sint, alle die gut für ere nement.”
Außer der genannten Spielleute, Bettler und Dirnen sind auch Lepröse, Juden, “Sarazenen” und Ketzer den gesellschaftlichen Randgruppen zuzurechnen. Für sie alle waren in den Kleiderordnungen Bestimmungen vorgesehen, um Ihre Ausgrenzung und Diffamierung deutlich sichtbar zu machen.
(s. Behinderte, Bettler, Fahrende, Gaukler, Gauner, Histrio, Joculator, Juden, landschädliche Leute, Lepra, Prostituierte, Spielleute, unehrliche Leute, Unterschichten, Zigeuner)