Rasur

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Rasur (v. lat. rasura, zu radere = abschaben, rasieren). Die Sitte, sich die Barthaare ganz oder teilweise abzuschaben, war schon seit der Steinzeit bekannt und wurde in der Antike und im Mittelalter je nach Ethnie, Zeit, sozialem Stand, Mode, Alter usf. unterschiedlich geübt. Wurden Männer der Steinzeit mit Schabern aus Flintstein oder Obsidian rasiert, so benutzten man im Mittelmeerraum seit der mittleren Bronzezeit (15./16. Jh. v.u.Z.) sichelförmige Bronze-Rasiermesser, wie durch Grabbeigaben männlicher Erwachsener belegt ist. In der Alteisenzeit (800-450) kamen dann ein- und zweischneidige eiserne Rasiermesser von großem Formenreichtum auf. Die im Mittelalter gebräuchlichen Rasiermesser (mhd. scharsahs/Schermesser) hatten optisch Ähnlichkeit mit den heute gebräuchlichen; ausweislich einer Darstellung von ca. 1450 wurden sie an einem axialen Griff geführt. Der Barbier steht hinter seinem auf einem Stuhl sitzenden Kunden, fasst ihn mit der Linken unterm Kinn, drückt sich dessen Kopf gegen die Brust und schabt ihm mit der Rechten die Wange. (Klappbare Rasiermesser wurden erst im 16. Jh. benutzt.)

Mönche rasierten sich in unterschiedlichen Abständen (alle 12 oder 15 Tage bis 6 mal jährlich), wobei sie die Kutte ablegten und einander wechselseitig schabten. Auch die Tonsur wurde von Zeit zu Zeit ausrasiert. Das Rasier-Werkzeug wurde voen einem eigens dazu berufenen Bruder verwahrt und geschärft.

In den Städten des Hochmittelalter etablierten sich, begünstigt durch die sich ausbreitende Mode der Bartlosigkeit, die Berufe des Baders und des Barbiers, die das trockene Scheren und die nasse Rasur des Haupt- bzw. Barthaars besorgten. Das Rasieren geschah bis ins 16. Jh. ohne Seifenschaum, nach vorbereitender Erweichung des Barthaars mit Dampf und warmem Wasser; da das Bartschaben schmerzhaft war, war es keine tägliche Verrichtung und man hielt sich auch mit einem Stoppelbart für rasiert. (Allenfalls Herren der höfischen Kreise ließen sich häufiger rasieren, um der Idealvorstellung von einem glattwangigen Gesicht zu entsprechen.) Das flache Rasierbecken mit dem runden Ausschnitt für den Hals, das vom Kunden selbst unters Kinn gehalten wurde, diente zum Auffangen des Wassers, mit dem das Barthaar weich gemacht worden war, und wurde vom 13. Jh. an zum Aushängeschild der Barbiere.

Als eine Modetorheit des Spätmittelalter soll das Ausrasieren des Haaransatzes bei Frauen erwähnt werden: eine hohe, glatte Stirn entsprach zeitweilig dem Schönheitsideal.

(Die Selbstrasur der Männer sollte erst im 19. Jh. aufkommen.)

(s. Barttracht, Haartracht, Schönheitspflege)

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