Rechtssymbolik

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Rechtssymbolik. Aus germanischen, römischen und christlichen Quellen stammen Sinnbilder und Bräuche des mittelalterliche Rechtswesens. Herkunft, Entstehungszeit und Zeitdauer des Gebrauchs sind nur ausnahmsweise bekannt, zumal verschiedene Symbole je nach Region unterschiedlich oder zu verschiedenen Zeiten gebraucht wurden. Insgesamt war das mittelalterliche Rechtswesen von allgemein verstandenen, sinnlich erfahrbaren Vorgängen und von Symbolen bestimmt.

Beispiele: Banner und Fahne. Ursprünglich hatte nur der König das Recht, ein Banner (s. Fahne) zu erheben, und darunter die Gefolgschaft zur Heerfahrt zu versammeln. Mit dem Aufkommen des Lehnswesens wurde das Recht, ein Banner zu führen, auf die Fürsten übertragen (Bannerlehen). Ein rotes Banner wurde zur Kennzeichnung der hohen Gerichtsbarkeit oder der Richtstätte aufgestellt. Lehnsleute niedrigeren Ranges (Ritter) durften eine Fahne führen (s. Fahnlehn).

Erdscholle. Durch die Übergabe eines Stück Bodens wurde die Eigentumsübertragung an einem Stück Land vollzogen.

Feuer versinnbildlichte die Reinheit und Heiligkeit, und spielte daher bei verschiedenen Gottesurteilen eine Rolle sowie beim Feuertod, durch den die Welt von dem ruchlosen Täter samt der ihm innewohnenden üblen Macht gänzlich gereinigt werden sollte. Die Unterhaltung des Herdfeuers versinnbildlichte den Besitz eines Hauses oder Landgutes; bei der Übergabe wurde das Feuer durch den Vorbesitzer gelöscht und vom Erwerber neu entzündet.

Glockenseil. Die Übergabe des Glockenseils der Kirche seiner künftigen Pfarrei symbolisierte die Einsetzung eines Pfarrherren. (s. Investitur)

Haar: Haupt- und Barthaare waren Sitz magischer Kräfte und Zeichen der Mannhaftigkeit. Das Recht, langes Haar zu tragen war den Freien, später den Adligen vorbehalten. Das Abschneiden der Haare war Zeichen der Unterwerfung (Mönchtum) oder wurde als schändliche Strafe verfügt (Ehebrecherinnen). Patenschaft oder Adoption wurde durch das Abschneiden der Haare oder einer Locke besiegelt. Nach bairischem und schwäbischem Recht legten Frauen beim Eidschwur die Finger der rechten Hand auf den über die Brust herabhängenden Haarzopf.

Mit der Gebärde des Handschlags wurden Verträge aller Art feierlich bestätigt, so bei Handelsverträgen, Vertragsabschlüssen, Treuegelöbnissen, Eheversprechen usw. Dabei schlagen beide Gelobende in die entgegengestreckte offene Hand des Vertragspartners.

Der Handschuh versinnbildlichte Macht und Schutz der königlichen Hand. Er wurde bei der Privilegierung von Märkten als Zeichen des Königsfriedens (Marktfriedens) verliehen (Sachsenspiegel, um 1220: “Kein Ort dürfe einen Markt errichten, es sei denn, der König sende seinen rechten Handschuh als Zeichen des Rechtsbannes und seines Schutzes.” – Zit. nach M. Vogt-Lüerssen). Außerdem diente er Gesandten und Boten als Beglaubigungszeichen. Der vor die Füße geworfene Fehdehandschuh symbolisierte den Backenstreich, der nach ritterlichem Ehrenkodex verboten war.

Der Mantel wurde als Zeichen von Schutz und Sicherheit verstanden. Verfolgte oder Verurteilte, die sich unter den Mantel einer hochgestellten Persönlichkeit flüchteten oder diesen auch nur berührten, waren einer Festnahme entzogen und konnten begnadigt werden. Auch bei Adoption und Legitimation im Zusammenhang mit dem Trauungsakt war der Mantel ein sinnträchtiges Zeichen (s. Mantelkinder). Niederlegung des Mantels versinnbildlichte Haftungsbefreiung. (So konnte sich eine Witwe der Schulden ihres verstorbenen Mannes entledigen, indem sie ihren Mantel auf desse Bahre lagte.) Ähnliche rechtssymbolische Bedeutung wie der Mantel hatte der Gürtel.

Das Schwert war seit jeher das höchste Zeichen der Macht, der Gewalt über Leben und Tod (“potestas gladii”). Es war das Herrschaftssymbol und das Zeichen der hohen Gerichtsbarkeit (s. Roland). Bei der Eidesleistung berührten die Finger der linken Hand die Schwertklinge, oder – wenn das Schwert mit der Spitze in den Boden gesteckt war – den Schwertknauf. Als Rechtssymbol diente es auch bei der Ritterweihe (s. Schwertleite), bei der Belehnung und bei der Unterwerfung unter einen siegreichen Gegner (der Besiegte überreichte das Schwert – den Griff voran – dem Sieger). Das zeremonielle und meist reich verzierte Richterschwert darf nicht mit dem zweihändig zu führenden Richtschwert des Scharfrichters gleichgesetzt werden.

Eines der ältesten, auf germanisches Brauchtum zurückgehenden Rechtssymbole war der Stab (mhd. stap, staf; mlat. baculus, virga, crocia, pastorale). Er galt als Zeichen weltl. und geistl. Macht (Reichszepter [s. Insignien], Bischofs-, Abtsstab); als Richterstab dokumentierte er die richterliche Gewalt über Leben und Tod (der Richter musste den Stab während der Verhandlung stets – mit dem schlankeren Ende nach oben – in der Hand halten; legte er ihn nieder, war die Verhandlung unterbrochen; kurz vor der Hinrichtung wurde der Richterstab über dem Haupt des Delinquenten zerbrochen zum Zeichen dafür, dass dem Verurteilten nun selbst die richterliche Macht nicht mehr helfen konnte); er wurde als Legitmationszeichen von Boten benutzt und musste als Schandzeichen von einem von Haus und Hof vertriebenen Schuldner getragen werden (Bettelstab). Ihm wurden daneben auch magische Kräfte zugeschrieben (Zauberstab, Wünschelrute). Der Richterstab hatte ursprünglich schmucklos-schlicht zu sein; dabei aber geschält, damit sich keine bösen Dämonen unter der Rinde verbergen konnten. Erst später, als seine magische Gewalt in Vergessenheit geraten war, wurde er immer prachtvoller gestaltet und zum Gerichtsszepter als Symbol der Herrschaft abgewandelt. Zum Zeichen des spätmittelalterliche Beamtenjuristen wurde nun das Gesetzbuch.

Der Schlüssel galt als Zeichen der Rechtsgewalt, so im Wappen einer Stadt oder als Attribut Petri.

(s. Dingbedeutsamkeit, Symbol)

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