Rezept

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Rezept (lat. praeceptum = Vorschrift; mlat. receptum = es wurde genommen; auch: formula, ordinatio = Regel, Vorschrift). Schon in der grch. und röm. Antike kannte man die schriftl. Anweisung zur Anfertigung eines Arzneimittels, die “Ars formulas medicas conscribendi”. Im europ. Mittelalter verstand man unter recept ursprünglich eine schriftliche, in lat. Sprache abgefasste Bestätigung des Apothekers über die korrekte Ausfertigung einer mündlich aufgetragenen ärztlichen Verschreibung, später die ärztliche Verschreibung selbst.

Aus mittelalterliche Zeit sind viele Rezepte auf uns gekommen, darunter finden sich neben manchen wirkkräftigen auch viele, die allenfalls Placebowirkung hatten. Meist wurden Arzneien aus mehreren Drogen und Heilpflanzen zusammengesetzt (Polypharmazie), wobei es durchaus zu komplementären oder synergetischen Wirkungen kommen konnte. Die Polypharmazie geriet jedoch zur Farce, wenn bis zu 100 verschiedene Ingredienzien mehr willkürlich als planvoll zusammengemischt wurden (s. Theriak).

Pharmakologische Rezepte wurden in Rezeptarien (Rezeptsammlungen), Herbarien, Arzneibüchern und Antidotarien (Gegenmittel-Bücher) zusammengetragen. Die ältesten dt. Arzneiaufschreibungen stammen aus karolingischer Zeit (zwei “Basler Rezepte”, als Randnotiz in der aus Fulda stammenden Isidorhandschrift “De ordine creaturarum”).

In den Medizinalordnungen des Kaisers Friedrich II. von 1231 und 1240 wurde Ärzten verboten, eigene Apotheken zu unterhalten oder sich an der Gründung von Apotheken zu beteiligen. Von da an wurde die Verschreibung von Arzneimitteln zu einer zentralen Aufgabe der Ärzte und die Arzneibereitung kam in die alleinige Zuständigkeit der Apotheker. Von Beiden waren damit eingehende Kenntnisse über die Materiae medicae gefordert, über deren äußerliche Charakteristika, Wirkungsweisen, Darreichungsformen und Dosierungsrichtlinien.

Beispiele aus einem spätmittelalterliche Rezeptbuch: Gegen Herzschmerzen: “Item wem statiglich umb das hercz wee ist. Der nem swarcz wurczen und ain speck und stoz das zwsammen, das es wirdt als ain taig, und nym darzw air und ain wenig salcz und sawff das offt gesotten, so wirstw gesunndt.” Zur Verkleinerung der weiblichen Brust: “Dy nem den magen vin ainem hasen und salb dy prust damit. So schwinden sie und wernt ir chlain”. Um Empfängnis zu fördern: “Item wil dw das ein weib swanger werd: So nim ains hasen magen und ains kicz magen und prenn dy ze pulver und trinck es mit wein der man und auch das weib alle paide, oder es wär schad.”

Ein polypragmatisches Rezept für ein fiebersenkendes Mittel: Myrrhe, Schwefel, Pfeffer, Wegerich, die Frucht des Sebenbaums, Weihrauch, Fenchel, Beifuß, Wermut, Andorn und Hainwurz sollen in Wein angesetzt drei Tage stehen; von dem Extrakt soll der Kranke unter strenger Beachtung diätetischer Vorschriften tägl. zwei Becher trinken.

Ma. Rezepte waren weder datiert noch enthielten sie den Namen des Patienten. Der Arzt legte seine Verschreibung in imperativer Form nieder: recipe = nimm!, misce = mische!, da = gib!, signa = bezeichne! Gelegentlich finden sich auch christl inspirierte Abbreviaturen, etwa J.J. = Jesu juvante (mit Jesu Hilfe) oder C.D. = Cum Deo (mit Gott).

Erst in der Frühen Neuzeit sollte sich die noch heute geläufige Form eines ärztlichen Rezepts herausbilden:

1.) Inscriptio (Name, Berufsbezeichnung, Anschrift des ausstellenden Arztes sowie Ausstellungsdatum.

2.) Invocatio (mit der einleitenden Aufforderung “recipe” = nimm, abgekürzt Rp.)

3.) Ordinatio oder Praescriptio (die eigentliche Verordnung mit Gewichtsangaben)

4.) Subscriptio (Angabe zu Arzneiform [compositio] und Abgabeform [dispensio], z.B. “M[isce] f[iat] pul[vis]” und “d[a] ad oll[am])

5.) Signatura (Gebrauchsanweisung, Name des Patienten, Unterschrift des ausstellenden Arztes).

In dem Fasnachtsspiel “Des arcztz vasnacht” (um 1450) wird ein rezeptierender Arzt glossiert:

“Und wie man die wieder sol vertreyben (sc. die Krankheit)

Das wirt man eym an ain zetelein schreyben.”

Aus dem späten 15. Jh. stammen Anordnungen, die Rezepte in ein Rezeptkopierbuch einzutragen. Dem lag die Absicht zugrunde, dass der Arzt seine Verschreibungen nachträglich überprüfen und etwaige Fehler bei der Zusammensetzung oder Dosierung korrigieren konnte.

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