Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Sense (mhd. sense, segense, segens; lat. falx, falx maior). Landwirtschaftliches Gerät, das – ausweislich archäologischer Funde und zeitgenössischer Bildbelege – an röm. Geräteformen anknüpfend schon im Frühmittelalter in Gebrauch war. Die Sense diente zunächst zur Grasmahd (Federzeichnung im Utrechter Psalter, 9. Jh.), seit dem 13. Jh. anstelle der Sichel in zunehmendem Maß auch zum Schnitt nichtvollreifen Getreides. Sie bestand ursprünglich aus einem kurzen Schaft (Stiel, Baum) – was eine gebückte Arbeitshaltung bedingte – und einem kurzen, geraden Blatt. Der Mäher schlug mit dem einhändig geführten Werkzeug mittels des senkrecht vom Schaft wegweisenden Blattes beim Sensenschwung von rechts nach links die Halme eher ab, als dass er sie schnitt („Hau-Sense“). Bei der jüngeren, zweihändig geführten Mäh-Sense war der Schaft verlängert, mit zwei Handhaben versehen, das Blatt gekrümmt und im spitzen Winkel am Schaft angeschlagen. Die Arbeitsbewegung war nunmehr nicht mehr gerade sondern bogenförmig, die Wirkungsweise nicht mehr hauend sondern schneidend. Eine mittelalterliche – und bis in die Neuzeit benutzte – Sonderform der Mäh-Sense war die kurz geschäftete Knie-Sense („Halb-Sense“, „Sichte“), deren oberes Ende mittels eines Lederriemens am Oberschenkel befestigt war und die daher einhändig geführt werden konnte; der Mäher (mhd. snitaere) fasste mit der freien linken Hand und mithilfe eines gestielten Hakens („Ernte-, Mahdhaken“) ein Büschel Halme zu einer Garbe zusammen, um sie besser schneiden zu können.
Das obere Ende der langgestielten, mit zwei am Schaft angewinkelten Handhaben geführten Sense stützte sich auf den linken Oberarm oder auf die linke Schulter, was bedingte, dass bei jedem Schwung der Oberkörper mitgedreht werden musste. Die Arbeitsweise mit anderen Sensen ist so dargestellt, dass mit der einen Hand der Schaft, mit der anderen ein daran befestigter Handgriff gehalten wird. – Die Verwendung der Sense ermöglichte eine – gegenüber der Sichel – vorteilhaftere Arbeitshaltung und höhere Arbeitsleistung, brachte jedoch einen höheren Kornverlust mit sich. Außerdem erbrachte sie durch den tief angesetzten Getreideschnitt lange Strohhalme, die nach dem Dreschen als Viehfutter, als Stallstreu oder zum Dachdecken verwendet werden konnten.
War der Getreideschnitt mit der Sichel Arbeit auch der Frauen gewesen, so war der kräftezehrende Sensenschnitt ausschließlich Männersache. Während eine Schnitterin an einem 10-stündigen Arbeitstag eine Fläche von ca. 7 Ar abernten konnte, leisteten Sensenmänner in der gleichen Zeit etwa das Dreifache.
Nicht jeder Boden war für die Sensenmahd geeignet; unebner oder mit Steinen übersäter Grund ließ das Sensenblatt schnell stumpf und schartig werden, sodass man sich besser der Sichel mit ihrem höher ansetzenden Schnitt bediente. Das hatte den zusätzlichen Vorteil, dass die stehenbleibenden längeren Stoppeln gut für die Bodengare waren (Krümelstruktur, gute Durchlüftung) und untergepflügt oder abgebrannt als Dünger dienten.
Die Schneide des seit dem 12./13. Jh. am „Rücken“ (dem der Schneide gegenüberliegenden Rand) verstärkten und aufgekanteten Sensenblattes wurde durch Dengeln und Schleifen mit einem Wetzstein scharf gehalten. Dadurch, dass man das Sensenblatt gegenüber dem Stiel in eine Position drehte, dass das Blatt parallel zum Boden geschwungen wurde, konnte der Mäher aufrecht arbeiten, was sich kräftesparend und leistungssteigernd auswirkte. Das Anfertigen von Sensenblättern war eine anspruchsvolle Arbeit, die zunächst von den Dorfschmieden erledigt wurde. Erste spezialisierte Sensenschmiede erscheinen in Nürnberger Handwerkerlisten des 14. Jh. Seit dem 15. Jh. sind Sensenschmiedezünfte häufiger belegt. Man unterschied Sensen für den Grasschnitt und solche für die Getreideernte.
Wohl erst am Ende des Mittelalter oder zu Beginn des 16. Jh. wurde die Sense mit einem Reff (mhd. ref = Rückentrage aus Holzstäben) versehen. Das Reff bestand aus einer flächig oder korbförmig (daher die Bezeichnung „Korbsense“) in die Rückseite des unteren Drittels des Sensenstieles eingezapfte Reihe von Holzstöcken bzw. aus mehreren dünnen Holzsprossen, auf die ein Tuch gespannt wurde. Auf der so entstandenen Fläche wurden die Ähren-Schwaden aufgefangen und mit dem Arbeits-Schwung gleichmäßig auf die linke Seite befördert und abgelegt. Die so entstandenen Schwadenreihen erleichterten den Binderinnen das Garbenbinden. Dadurch dass der Schnitt-Termin vorverlegt und das Reifen des Korns auf dem zu Bündeln aufgestellten Halm nachgeholt wurde, konnte man den Kornverlust bei der Sensenmahd gering halten.
Im mittelalterliche Aberglauben galt die Sense – wie alle Schneidewerkzeuge – als dämonenabwehrend. Aus diesem Grunde sollte sie stets scharfgehalten werden. In der mittelalterliche Allegorie erscheint der Tod mit der Hippe (mhd. heppe) als Sensenmann, der bei Seuchenzügen oder auf dem Schlachtfeld die Menschen – den Halmen gleich – massenweise dahinraffte.
In den Fäusten aufständischer Bauern war die Sense – neben Gabeln, Hacken, Dreschflegeln – eine gefürchtete Waffe.
(s. Agrartechnik, Getreide, Sichel, Wetzstein, Wiesen)