Strafen gegen Tote

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Strafen gegen Tote. Nach mittelalterliche Rechtsauffassung konnten selbst Tote für Vergehen belangt werden, die sie zu Lebzeiten begangen hatten. In solchem Fall wurde der Leichnam – gegebenenfalls exhumiert – vor Gericht gebracht, erhielt einen Fürsprech und wurde nach einem regulären Verfahren verurteilt und bestraft. Beispielsweise wurde der Leiche eines Straßenräubers, der nach der Tat eines natürlichen Todes gestorben war, nach dem posthumen Urteil der Kopf abgeschlagen. Auch Selbstmörder wurden, da Selbstmord als todeswürdiges Verbrechen galt, dem Wasser übergeben oder verbrannt.

Bei einem Ketzerprozess in Toulouse wurden 1236 viele Bürger posthum verurteilt, exhumiert und öffentlich verbrannt, ihr Vermögen nachträglich konfisziert. – 1415 wurde ® John Wyclif (gest. 1386) posthum als Ketzer verurteilt, sein Grab zerstört und seine Gebeine verbrannt.

In diesem Zusammenhang sei an Papst Stephan VI. erinnert, der auf einer Synode (“Leichensynode”, 897) Gericht über seinen bereits seit neun Monate toten Vorgänger Formosus halten ließ. Der Leichnam des Formosus wurde aus dem Grab geholt, in vollem Ornat auf den Beklagtenstuhl gesetzt, verurteilt, der zwei Segensfinger beraubt, bis aufs Hemd entkleidet, durch die Straßen Roms geschleift und in den Tiber geworfen. (Dieses Vorgehen fand jedoch nicht einmal den Beifall des röm. Pöbels: Stephan wurde noch im gleichen Jahr in den Kerker geworfen und erdrosselt.)

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