Teufel

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Teufel (der T., die T.; ahd. tiufal; mhd. tiuvel, tievel; mhd. auch unhold, valant; kirchen-lat. diabolus von grch. diabolos = eigtl. „Durcheinanderwerfer“, Verleumder, Schmäher; kirchenlat. auch Lucifer [= Lichtträger]; grch. Phosphoros, Eosphoros [= Lichtträger]; hebr. Satan [= eigtl. „Ankläger vor dem göttl. Gericht“, Widersacher], Belial [= Bosheit] oder Baal-zebub [= Herr der Fliegen, davon Beelzebub], Princeps daemoniorum). Die Personifizierung des Bösen in der Gestalt des Teufels als Widersacher Gottes war für die christliche Lehre unabdingbar, um das Verderben und das Böse in der Welt zu erklären. Außerdem würde das Lehrgebäude der Kirchenväter ohne den Glauben an Satan in sich zusammenfallen: ohne ihn hätte es keine Erbsünde, keine Austreibung aus dem Paradies, keine Hölle und mithin keine Notwendigkeit für die Erlösung und für eine Erlöserkirche gegeben. Die im Dämonenglauben verhafteten Menschen des Mittelalter glaubten fest an die Realität des Teufels, auch wenn ihre Phantasie ihm mitunter volkstümliche Züge verlieh.

Nach Honorius Agustodunensis geschah der Sturz Luzifers eine Stunde nach der Schöpfung, nachdem er zu der Überzeugung gelangt war, dass er der leuchtendste aller Engel, wie Gott ungeschaffen und diesem gleich, ja höher gestellt sei. Dieses gotteslästerliche Aufbegehren endete damit, dass er von den himmlischen Heerscharen aus dem Paradies geworfen und unwiderruflich in die Hölle verbannt wurde.

Vom Dualismus etwa der Katharer unterscheidet sich der christliche Teufelsglaube insofern, als Christus die Macht des Teufels prinzipiell gebrochen hat, und im Weltende der Teufel endgültig vernichtet werden wird. Die mittelalterliche Kirche bediente sich des Teufels, um mit seinen Schrecken ihre Schäfchen umso schutzbedürftiger zu machen und auch, um Missliebige unter dem Vorwurf der Teufelshörigeit zu eliminieren. Die Kleriker malten im Spätmittelalter an dem Schreckbild einer subversiven Verschwörung des Satans mit der Hexenzunft, eines verdeckten Generalangriffs auf die Kirche Christi. Diese Theorie bildete die Grundlage für das Ingangkommen der Hexenverfolgung.

Manche mittelalterliche Dämonologen gingen von einer – hierarchisch geordneten – Siebenzahl der Teufel aus, entsprechend der Siebenzahl der Kardinallaster: Luzifer (Stolz), Mammon (Habgier, Geiz), Asmodeus (Wollust), Satan (Zorn), Beelzebub (Völlerei), Leviathan (Neid) und Belphegor (Trägheit); andere postulierten Legionen von Teufeln. Allgemein wurde vorausgesetzt, dass der Leibhaftige in jeder abstoßenden, angsterregenden menschlichen oder tierischen Gestalt auftreten könne.

Mosaiken und Miniaturen aus dem 6. Jh. zeigen Luzifer noch als engelsgleich schönes Flügelwesen mit Flammenhaar, kenntlich gemacht durch ein blaues Gewand anstatt eines roten. Erst im 11./12. Jh. erscheint er als menschenähnliche Schreckgestalt, die bis zum 14. Jh. immer groteskere Formen annimmt. (Dem Chronisten Radulph Glaber erschien er „als mittelgoßes Männchen mit dürrem Hals, hagerem Gesicht, pechschwarzen Augen, runzliger, eingezogener Stirn eingedrückter Nase, breitem Mund, geschwollenen Lippen, … schmalem Kinn, mit Ziegenbart, borstigen, spitzen Ohren, abstehenden, struppigen Haaren, Hundezähnen …. buckligem Rücken und wedeldem Steiß.“ – Im 15. Jh. verbirgt er sich in verschiedenen Tiergestalten. Im krassen Gegensatz zum offiziellen Teufelsbild der gelehrten Satanologen machte sich das Volk einen Teufel nach eigenem Geschmack. Entsprechend volkstümlicher Vorliebe für deftig-komische Gestalten wurde der Fürst der Finsternis zum dummen Teufel, einer eher burlesken Figur, die trotz aller List und Tücke immer wieder in die Grube fällt, die sie andern grub. Diesen menschlich-allzumenschlichen Bedürfnissen gestand die Kirche in den religiösen Spielen des Spätmittelalter eine Rolle zu, in welcher der komische, geprellte Teufel Schläge bezieht und, ad maiorem ecclesiae gloriam, lächerlich gemacht wird. Wie im Spiel erschien der Leibhaftige nun auch in der Ikonographie mit Attributen heidnischer Dämonen, mit geschwänztem Zottelfell, bocksfüßig (wohl eine Erinnerung an den vom Christentum verteufelten bocksfüßigen Fruchtbarkeitsgottes Pan; der Pferdefuß ist selten), mit gehörnter Tiermaske, später auch mit Fledermausflügeln.

Gegenüber derartigen folkloristischen Vorstellungen bestand die Kirche auf dem offiziellen Bild des hasserfüllten Seelenverderbers, des Erzfeindes Gottes und der Kirche. Und da der Teufel jede – auch menschliche – Gestalt annehmen konnte, konnte man beliebige Menschen als vom Teufel besessen, als Agenten des Teufelsstaates diffamieren – eine Einsicht, von der bei der Verfolgung von Glaubensabweichlern oder politischen Gegnern häufig Gebrauch gemacht wurde. – Tiergestalten, in die sich der Teufel vorzugsweise verwandelte, waren – vornehmlich schwarze – Hunde, Hähne oder Katzen, weiter Eber, Ziegenbock, Hase, Drache, Fledermaus, Schlange und Kröte – eigentlich fast jede, bis auf die von Lamm und Taube. Die Bezeichnung „Herr der Fliegen“ rückt ihn in die Nähe eines Fliegenschwarms, der sich stets in der Nähe von Unreinem, Aashaftem, Verwesendem findet.

(s. Besessene, Dämonen, Exorzismus, Hexe, Hölle, Teufelspakt)

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