Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Textilherstellung. Wohl in keinem Produktionszweig des Mittelalter waren so viele verschiedene Gewerbe eingebunden und insgesamt derart viele Handwerker/innen beschäftigt, wie im Textilgewerbe. Die Ausgangsstoffe Wolle und Leinen mussten eine Vielzahl von Arbeitsgängen durchlaufen, ehe sie versponnen und als Garn an die Weber geliefert werden konnten. Wollstoffe wurden, bevor sie in den Handel gelangten, verschiedenen Behandlungen unterworfen. Durch Walken wurde der Stoff verfilzt und verdichtet, danach wurde er gewaschen, auf die gewünschte Länge und Breite gedehnt und getrocknet. Das getrocknete Tuch wurde dann mit einer Bürste (der ®“Distelkarde“) aufgerauht (gekrempelt). Die Tuchscherer schoren zuletzt die Oberfläche glatt. Weitere Arbeitsschritte waren Färben, nochmaliges Krempeln, Glätten und in Ballen legen. – Leinenstoffe wurden seit dem 12./13. Jh. arbeitsaufwenidgen Bleich-, Walk- und Mangvorgängen unterworfen. Zum Färben bestimmtes Leinen wurde meist nur unvollständig gebleicht („Halbbleiche“). Leinenstoffe, die aus gefärbten und gebleichten Garnen zu gestreiften oder karierten Stoffen gewebt waren, wurden nur gemangelt.
Als Konsequenz der arbeits- und damit kostenträchtigen Verfahrenstechniken ergaben sich technische Fortschritte bei einigen der mechanischen Hilfsmittel. Beim Spinnen wurde durch die Einführung des Handspinnrads (belegt 1298, Speyer) die Leistung verdoppelt. Im 15. Jh. ergab sich mit der Erfindung des Handspinnrads mit Flügelspindel, welches ein kontinuierliches Spinnen ermöglichte, eine weitere Leistungssteigerung. (Das fußgetriebene Flügelspinnrad, das eine nochmalige Produktionserhöhung brachte, sollte erst im 16. Jh. erfunden werden.) – Die Ablösung des vertikalen Webstuhls durch den horizontalen Trittwebstuhl im 12. Jh. erhöhte nicht nur die Leistung, sondern verbesserte auch die Tuchqualität. Für die Herstellung breiterer Stoffbahnen (ab 3 Ellen Breite vor dem Walken) kam von Flandern her der „zweimännige“ Trittwebstuhl auf, an dem sich zwei Weber das Schiffchen gegenseitig zuwarfen. – Im 12. Jh. kam in Deutschland die Walkmühle in Gebrauch, in der das Tuch mittels wasserradgetriebener Stampfen schneller und gründlicher gewalkt wurde als durch das kraftzehrende Fußwalken. – Die genannten technischen Neuerungen setzten sich zwar nicht ohne Widerstand und nicht überall gleich schnell durch, doch wurden als Ergebnis der „industriellen Revolution“ des Textilgewerbes im 13. Jh. Massengüter – teils in Fabriken, teils in Heimarbeit – arbeitsteilig hergestellt und von Gewandschneidern und Verlegern in den örtlichen und überregionalen Handel gebracht.
(s. Baumwolle, Brennnessel, Damast, Färben, Filz, Flachs, Hanf, Haspel, Kleiderstoffe, Loden, Mangel, Samt, Seide, Spinnen, Tuchscherer, Walker, Walkmühlen, Weber, Webstuhl, Wolle, Zwirn)