Trinksitten

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Trinksitten. Beim gemeinsamen Tafeln stand für je zwei Personen nur ein Trinkgefäß bereit. Höfischer Etikette entsprach, sich vor dem Trunk den Mund zu säubern.

Der Umtrunk (mhd. trunc, tranc; lat. potatio, bibitio) in Gesellschaft (convivium) – kultischer oder profaner Art – wurde von jeher gern und ausgiebig geübt; vor allem der Brauch, auf gegenseitiges Wohl zu trinken (propinatio), war weit verbreitet und führte zu exzessiven Zechereien mit den entsprechenden Folgen (s. Trunkenheit). Verweigerung des Mittrinkens führte zum Ausschluss nach dem Motto “aut bibat aut abeat” (er soll entweder trinken oder er soll fortgehen). Karl d. Gr. hat seinen Kriegern per Armeebefehl den wechselseitigen Zutrunk verboten, um die Disziplin zu wahren.

Ein ritueller Trunk bekräftigte vielfach rechtliche Akte, zumal im FMA., als Verträge nur mündlich geschlossen wurden. Kauf, Verlobung, Heirat wurden durch einen Trunk besiegelt, an dem auch die Zeugen teilnahmen.

An frühchristliche Agapefeiern erinnerte das Caritas-Trinken, das sich in Mönchs- und Klerikergemeinschaften großer Beliebtheit erfreute. Im Gedenken an den jeweiligen Stifter, der sich als Gegenleistung frommes Gedenken über den Tod hinaus erwartete, hielt man an bestimmten Memorialtagen ein Festgelage durchaus weltlich-heiteren Gepränges. Das Caritas-Trinken dürfte zum Bild des prassenden, pokulierenden Mönchs beigetragen haben.

In vorchristl. Zeit wurzelt der mittelalterliche Brauch, Totenmähler zu Ehren Verstorbener an bestimmten Gedächtnistagen abzuhalten (s. convivium); diese waren häufig zu Trinkgelagen (potationes) entartet und zogen die Verurteilung durch christl. Autoritäten auf sich (z.B. durch Ambrosius, Augustinus, Hinkmar v. Reims, Regino v. Prüm, Bruchard v. Worms u.a.m.).

Ebenfalls auf heidnische Sitten ging der Minnetrunk (mhd. minnetranc; lat. in amore bibere) zurück; ursprünglich ein Trankopfer zu Ehren von Göttern oder Helden, wurde daraus im Mittelalter ein Zutrunk zu Ehren eines Heiligen. Der Brauch wurde besonders in Deutschland populär; der Gedenktrunk galt der Martins-, Sebastians-, Michaels-, Gertrudis-, Stephans-, Nikolaus- und Johannisminne (s. Johannessegen), in Skandinavien der Eriksminne. Spätestens, als die fröhlichen Trinker sich darauf besannen, aufs Wohl und Angedenken einer immer größeren Zahl von Heiligen zu trinken, waren die Bischöfe bestrebt, die Zahl der Heiligen, deren liebevoll mit einem Zutrunk gedacht werden durfte, auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, wetterte auch die Kirche gegen den Saufteufel unter dem Deckmantel der Heiligenverehrung.

Auch der uralte Brauch des Begrüßungstrunkes, mit dem ursprünglich der eintretende Gast ehrend empfangen wurde, entwickelte sich im Spätmittelalter zum Wilkkomm-Trinken als Auftakt veritabler Saufereien, wenn jeder neue Gast schon an der Türschwelle ein Trinkhorn (s. Greifenklaue) oder einen riesigen Humpen bis auf den Grund leeren musste.

Auf die Freuden des Trinkens wurden im Mittelalter ungezählte Lieder verfasst; die Vagantenlyrik wäre ohne die Trinklieder nicht denkbar, die häufig mit Liebesmotiven vermischt sind. Neben lat. Zecherliedern entstanden vom Spätmittelalter an auch deutschsprachige.

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