Übersetzer

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Übersetzer wissenschaftl. Schriften. Während des 10./11. Jh. bestand ein krasses Wissens- und Bildungsgefälle zwischen der islamischen und der christl. Welt, welches christlicherseits aufgrund des religiösen Überlegenheitsgefühls nicht wahrgenommen wurde. Erst im 12. Jh. kam es durch eine Flut von Übersetzungen islam. Schriften ins Hebräische und Lateinische zu einem raschen Ausgleich des Niveauunterschieds, wobei der Nahe Osten (durch die Kreuzzüge), Sizilien (durch die normannisch-islamische Symbiose) und das maurische Spanien (durch die Wissensschätze der Universität in Toledo) eine besondere Rolle spielten. Die materielle Grundlage für diesen Aufbruch zu einer neuen Konzeption des Wissens und der Wirklichkeit bildete das blühende Handels- und Geschäftsleben im Mittelmeerraum. – Führend bei der Übersetzungstätigkeit waren zunächst die Juden, später Spanier, Italiener, Franzosen, Flamen und Engländer.

Um die Wissensvermittlung durch Übersetzung arabischer, griechischer und hebräischer Fachliteratur haben sich besonders verdient gemacht:

®Johannitius (Arzt, Philosoph, Übersetzer aus Persien, 808-73); ®Constantinus Africanus, (um 1010 – 87; “orientis et occidentis magister”; islam. Heilkundiger aus Nordafrika, der sein Wissen von arab., persischen, ägyptischen und indischen Ärzten erlernt hatte. Er lebte als Gelehrter in Salerno, bevor er sich taufen ließ und als Laienbruder im Kloster Monte Cassino aufgenommen wurde, wo er medizin. Fachliteratur aus dem Arab. ins Lat. übersetzte.); ® Pedro Alfonso (11./12. Jh.), zum Christentum übergetretener Jude, übersetzte gegen 1140 den Koran ins Lateinische; ®Johann von Sevilla (Johannes Hispalensis, J. Hispanus; gest. 1157; Jude; übersetzte vor allem Werke der Astronomie, so die des Alcabitius); Adelhard von Bath (Adelardus Bathensis, frühes 12. Jh.; engl. Astronom, Astrologe, Mathematiker und Philosoph; bereiste Italien, Griechenland, Nordafrika und Kleinasien; übertrug eine arab. Ausgabe des Euklid sowie die astronom. Tafeln des Abumasar, vielleicht auch den “Liber Algorismi” des al-Chwarismi); ®Gerhard von Cremona (1118 – 1187; der wohl Bedeutendste der Übersetzer, kam nach Toledo, um den Almagest kennenzulernen und der Christenheit zugänglich zu machen; studierte die arabische Sprache und übersetzte Schriften von Aristoteles, Euklid, Archimedes, Galen, Rhazes, Avicenna, Apollonios, Abulcasis und Alfarabi aus dem Arabischen ins Lateinische); Dominicus Gundisalvi (Gundissalinus, Erzdiakon von Segovia; um 1110 – nach 1181, bemühte sich darum, orientalische Philosophie dem abendländischen Denken zu erschließen [z.B. in “De divisione philosophiae”] und verfasste ausgezeichnete Übersetzungen und Kommentare); Michael Scotus (gest. 1235; Hofastrologe Friedrichs II.; übersetzte naturwissenschaftliche Schriften des Aristoteles aus dem Arabischen und Hebräischen); ®Theodor v. Antiochien (1195-1250, ebenfalls am Hof Friedrichs II., überstzte naturkundliche Schriften aus dem Griechischen und Arabischen ins Lateinische); Jehuda, Samuel und Moses ibn Tibbon (s. Tibboniden; 12./13. Jh., übersetzten philosoph. und naturwisschnschaftl. Schriften aus dem Arabischen ins Hebräische); Jakob Anatoli (gest. 1237; Jude, übersetzte wissenschaftl. Schriften, u.a. den Almagest, aus dem Arab. ins Hebr.); ®Alfredus Anglicus übersetzte Schriften des Aristoteles aus dem Arabischen ins Lateinische; Hermannus Alemannus (gest. 1272; Bischof von Toledo, übersetzte Aristoteles, Averroes, Avicenna und Alfarabi aus dem Arab. ins Lat.; von besonderer Bedeutung wurde die “Summa Alexandrinorum”, ein arab. Kompendium der aristotelischen Ethik); Wilhelm von Moerbeke (W. Brabantinus, um 1215 – 1286; Flame, Dominikaner, Erzbischof von Korinth; übersetzte Hippokrates, Galen, Archimedes, Heron und Aristoteles aus dem griechischen Originaltexten ins Lateinische. Die Aristoteleskommentare des Thomas von Aquin gründen auf Moerbekes Übersetzungen Aristotelischer Werke.)

Am Ende des 13. Jh. war die Arbeit des Übersetzens im wesentlichen abgeschlossen. Die christlich-abendländische Wissenschaft nahm durch die Rezeption griechisch-hellenistischen, islamischen und hebräischen Wissens einen rasanten Aufschwung, während die islamische Wissenschaft zu stagnieren und zu verfallen begann. Nach der Eroberung von Byzanz durch die Türken (1453) kam es durch die in den Westen geflüchteten Byzantiner zu vermehrten Übersetzungen aus dem Griechischen.

(s. Übersetzerschule von Toledo)

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