Wallfahrt

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Wallfahrt (mhd. wallevart, von wallen = umherschweifen; auch wallunge, wallerie, gotzvart; lat. itinerarium ad loca sancta). Die aus religiösen Motiven unternommene, außerliturgische, gemeinsame Bitt- und Bußreise zu einem bestimmten Gnadenort und mit einem bestimmten Anliegen. Wallfahrten finden zumeist prozessionsweise, aus besonderem Anlass, zu bestimmten Festtagen oder in regelmäßigen Abständen statt. (Im Gegensatz hierzu bezeichnet Pilgerschaft ein Unternehmen oder eine asketische Haltung der Privatfrömmigkeit, den längerdauernden Verzicht auf Familie, Heimat, Sicherheit und Geborgenheit.)

Die Idee, zu Orten zu reisen, an denen übernatürliche Kräfte vermutet wurden, gab es auch in anderen Kulturen und Religionen. Die christl. Wallfahrtstradition geht auf das Aufkommen der Märtyrerverehrung im 3. Jh. zurück, als man begann, die “Blutzeugen” als Fürbitter bei Gott anzurufen und dazu ihre Gräber oder die darüber errichteten Memorien aufsuchte. Je größer Ruhm und Ansehen eines solchen Heiligtums wurden, je mehr Wunderberichte in Umlauf kamen, desto größer wurde die Zahl der Besucher, aus desto entlegeneren Gegenden kamen sie angereist. Durch den im 4. Jh. einsetzenden Reliquienkult erfuhr das Wallfahrtswesen einen weiteren Aufschwung.

Vielfältig waren die Gründe für Wallfahrten: Verehrung bestimmter Heiliger, Hilfeersuchen um Gesundung oder um Schutzgewährung, Danksagung für erhörte Bitten, Ableistung eines eingegangenen Gelübdes, Buße für begangene Sünden, Erwerb eines Ablasses usf.

Während der Zeit des Großen Sterbens (Pest) wurden Bußwallfahrten vom verstörten Volk als Mittel angesehen, die zürnende Gottheit zu versöhnen. Da jedoch derartige Wallfahrten große Menschenmengen zusammenbrachten und diese über größere Distanzen wiederum mit weiteren Menschenansammlungen zusammenführten, trugen sie zur weiteren Verbreitung der Pandemie bei.

Bittwallfahrten Kranker konnten durchaus reale Heilerfolge zeitigen. Radikaler Wechsel der Umgebung und der Bezugspersonen, Aufbrechen des krankheitsbezogenen Kreisdenkens und Konzentration auf ein konkretes Gesundungsziel, das Gemeinschaftserlebnis in einer gläubig-hoffenden Gruppe, einschneidende Änderung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, die Einwirkung von Luft und Sonne, die schweißtreibende Anstrengung des Marsches und endlich die Suggestivkraft kultischer Handlungen am Ziel der Wallfahrt erbrachten in vielen Fällen – zeitlich begrenzte oder dauerhafte – Heilerfolge.

Wallfahrten fanden nicht die ungeteilte Zustimmung kirchlicher Autoritäten. Zumindest was Ordensleute anbelangt, wurden sie als zumindest sinnlos abgetan. Bernhard von Clairvaux schickte um die Mitte des 12. Jh. einen Zisterziensermönch, der auf einer Wallfahrt aufgegriffen worden war, in sein Kloster zurück mit der Bemerkung, “ein Mönch habe das himmlische und nicht das irdische Jerusalem zu suchen; dieses Ziel erreiche man nicht, indem man mit seinen Füßen marschiere, sondern indem man mit seinen geistigen Fähigkeiten Fortschritte mache.” (Zit. nach Peter Thorau in “Pilgerwege im Mittelalter”)

(s. Heiltumsweisung, Pilgerfahrten, Prozession, Reliquien, Wallfahrtsorte, Wunder)

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