Wanderprediger

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Wanderprediger. Zu Ende des 11. Jh. kam allgemeines Unbehagen an der Verderbtheit des Kleriker-, besonders des Mönchsstandes auf. Gegen Verweltlichung, Sittenverfall und Streben nach Luxus und Bequemlichkeit wandten sich kirchl. Reformbewegungen, welche die Rückkehr zur strengen Befolgung der Benediktusregel, besonders der evangelischen paupertas zum Ziel hatten. Mönche, gelegentlich auch Äbte verließen ihren Konvent, um frei von der stabilitas loci (Ortsbeständigkeit) nach apostolischem Vorbild durch Beispiel und Predigt zu Buße und Umkehr aufzurufen, wobei sie umsomehr Menschen erreichten, je weiter sie wandernd durch die Lande kamen. Auch entsagten viele Laien der Welt, um als “Arme in Christo” predigend umherzuziehen; der Amtskirche wurden sie bald unbequem, weil sie vehement gegen die Übelstände im Klerikerstand zu Felde zogen und weil sie sich großen Zulaufs von Verehrern und Anhängern beiderlei Geschlechts erfreuten. Als Exponenten des Wanderpredigertums seien Bernhard von Clairvaux (1090 – 1153), Peter der Einsiedler (1050-1115), Robert von Arbrissel (gest. 1116), Norbert von Xanten (um 1180 – 1234) und Jacob von Vitry (um 1170 – 1240) genannt, die als charismatische Persönlichkeiten ihre Zuhörerschaft mitreißen konnten, selbst wenn sie deren Sprache nicht beherrschten.

Wanderprediger legten – als Anhänger der vita ascetica meist langbärtig, barfüßig, barhäuptig und in härenem Gewand oder Lumpen – zu Fuß, allenfalls einmal auf dem Rücken eines Esels, weite Reisen zurück. Sie scharten ihre Zuhörerschaft – überwiegend Bauern, Arme und Angehörige von Randgruppen – unter freiem Himmel, in Dörfern und Weilern, in Einöden und Wäldern um sich, wirkten viele Wunder und wurden vielfach als Heilige verehrt. Bei all ihrer Kritik kanalisierten sie insgesamt die Opposition gegen Amtskirche und Mönchtum im Sinne der Orthodoxie.

Wanderprediger, die nicht dem geistl. Stand angehörten, wie etwa die Waldenser, wurden als Häretiker verfolgt – schon aufgrund des bestehenden Predigtverbotes für Laien.

Im Spätmittelalter bedienten sich die Bettelorden des Wanderpredigertums als Mittel zur Missionierung “nach innen”.

(s. Predigt)

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