Wappenzeichen

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Wappenzeichen. Die im mittelalterliche Deutschen Reich vorherrschenden heraldischen Zeichen waren Kreuz, Adler und Löwe. Das Kreuz in vielfältigen Abwandlungen signalisierte die Kampfbereitschaft im Namen Gottes und das Vertrauen auf göttliche Hilfe; der Adler, König der Lüfte, symbolisierte die weltliche Herrschaft, an deren Spitze der Kaiser stand; der Löwe , König der Tiere mit Ausnahme der Vögel, versinnbildlichte die Macht der Landesfürsten. Für Wachsamkeit, wilden Kampfesmut, Stärke, Großmut, Treue und Reinheit standen Keiler (Wildeber), Stier, Bär, Panther, Drache, Wolf, Pferd, Hund und Einhorn. Die stilisierten Wappenbilder unterschieden sich nach Körperhaltung (z.B. springender, schreitender, hockender Löwe), Tingierung (Darstellung in einer der sechs heraldischen Farben) und Anzahl der Symbole (an häufigsten erscheinen Zwei- und Dreizahl).

Von unermesslicher Vielfalt waren Wappenzeichen aus den Bereichen der Menschen-, Tier- und Pflanzenwelt sowie der Monster und Fabelwesen (wobei oft pars pro toto – etwa ein Paar Büffelhörner für den Büffel oder ein Paar Geweihstangen für den Hirsch – gesetzt war), der Himmelskörper, Waffen und der abstrakten Zeichen. Manche tierischen Symbolgestalten wurden auch als Visualisierung des Geschlechter- oder Stadtnamens gewählt, so etwa bei einem Grafen von Helfenstein, der einen Elefanten (mhd. helfant) zum Wappentier nahm oder bei denen von Schwangau, die den Schwan als Emblem wählten oder den Grafen von Henneberg, die eine schwarze Henne als redendes Wappenzeichen hatten oder bei der Stadt Biberach, zu deren redendem Wappenzeichen ein Biber wurde; die Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen. Zur Idealisierung seines Images erkor man auch Tiere zur Wappenfigur, die Schönheit und Anmut verkörpern, so etwa Hirsch, Pfau und Schwan. In Städtewappen erscheinen häufig zinnenbewehrte Mauerkränze, Tore und Türme, in Zunftwappen kennzeichnende Handwerkszeuge.

Als wahre Fundgrube für Wappenzeichen seien die Miniaturen der Manessischen Liederhandschrift genannt, in welchen den ritterlichen Sängern in individualisierendes, mitunter auch fiktives Wappen beigestellt ist.

In der mittelalterliche Literatur finden heraldische Embleme nirgends so häufige Erwähnung und so detailreiche und bedeutungsvolle Schilderung wie bei Wolfram von Eschenbach (“Parzival”, “Willehalm”). Tiergestalten charakterisieren die individuellen Eigenschaften der einzelnen Protagonisten oder deren Gruppenzugehörigkeit; so etwa ist die Taube im Gralswappen ein Hinweis sowohl auf die Keuschheit der Gralsritter als auch auf das Karfreitagsmysterium, bei welchem eine Taube die Hostie zum Gral bringt. Stellenweise lässt Wolfram die Wappentiere selbst als Handelnde auftreten, ein Kunstgriff, der die Erzählung belebt und bewegte Kampfabläufe anschaulicher macht. – Breiten Raum nimmt die literarische Heraldik auch bei Wirnt von Grafenberg ein (“Wigalois”), wobei der Autor aber nicht über die Schilderung der Zeichen hinauskommt, sie nicht tiefergehend deutet. – Geradezu ins Fantastische steigert sich die Schilderung der Emblematik bei Heinrich von dem Türlin (“Diu crone”), der einen heraldischen Löwen beim Anreiten zur Attacke richtig brüllen lässt. – Tierheraldik wird auch in der panegyrischen Verserzählung “Turnier von Nantheiz” des Konrad von Würzburg vorgestellt. Als Wahrzeichen realer wie fiktiver Teilnehmer nennt Konrad Keiler, Steinbock, Leoparden, Löwen, Adler, Fische sowie Tierteile in Form von Pfauenfedern, Flügeln und Hörnern. Peter Suchenwirt gibt seinen Nekrologen. Ehren- und Lobreden (“von manigen helden guote tat”) eine fachgerechte Wappenbeschreibung bei.

Was die stilistische Entwicklung der heraldischen Tierfiguren angeht, so lässt sich als allgemeine Tendenz feststellen, dass von strengen, einfach konturierten Darstellungen im 12. Jh. zu immer stärker ausdifferenzierten und artifizielleren Bildern am Ende des Mittelalter fortgeschritten wurde. So geriet beim Löwen die Mähne üppiger, der Schweif mehrfach geteilt und in kunstvolle Stränge gelegt, Zähne und Klauen betont, die Zunge weit aus dem Maul hervorgestreckt.

Der Löwe ist das mit Abstand häufigste Wappenzeichen , gefolgt von Adler, Bär, Leopard, Wolf, Wildeber, Falke, Schwan, Hirsch, Ross, Stier (Ur) und Fisch (Barbe). Von den Ungeheuern und Fabelwesen erscheinen Einhorn, Phönix, GreifDrache und Lindwurm. – Tieremblematik findet sich außer auf Wappenschilden in der Buchmalerei, in der Grab- und Zierornamentik, in der Glasmalerei, in Wappenrollen und Turnierbüchern, auf Siegeln und Münzen.

(s. Adler; Bauernwappen; Frauenwappen; Heraldik; Heraldik, kirchliche; Kreuz; Löwe; Sonderwappen; Stadtwappen; Tiersymbolik; Wappen; Zunftwappen)

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