Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. | Entdecke in „Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen“ auf 111 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt. |
Wasserkünste (maschinelle Wasserhaltung). Als es im Spätmittelalter infolge zunehmender Grubentiefe und damit größeren Wasserzusatzes und infolge pestbedingten Arbeitskräftemangels zu einer Depression des Montanwesens kam, suchte man umso intensiver nach Methoden zur Wasserlösung, bei denen man nicht auf menschliche Muskelkraft angewiesen war. Ingenieure kamen auf die Idee, Wasser mit Wasserkraft zu heben und richteten dazu große Radstuben ein. Diese fanden sich im Berg oder über Tage und bekamen das Aufschlagwasser über künstliche Gerinne zugeleitet. Im Rammelsberg bei Goslar wurde um die Mitte des 13. Jh. eine Radstube von ca. 35 m² Grundfläche und ca. 7,5 m Höhe ausgebaut, in der ein 6 m hohes Wasserrad zur Wassergewältigung arbeitete. Ebenfalls auf das 13. Jh. geht die Wasser- oder Heinzenkunst in einem Bergwerk südlich von Freiburg (Ehrenstetter Grund) zurück; hier betrieb man in einer nach oben offenen Kammer (“Eselsbrunnen”) des Baus ein Rad von 8 – 9 m Durchmesser. 1379 vergaben die Markgrafen von Meißen einen Auftrag zur Konstruktion einer Wasserkunst: diese soll “uns das wassir do haldin, dass wir wedir pherde noch redere (Knechte) dor zu dem wassir nicht endorfin (bedürfen)”. Weitere Wasserkünste, für die bedeutende Investitionen seitens der Grubenherren geleistet wurden, entstanden in Kuttenberg (1462), Schneeberg (1466), Annaberg und Freiberg (1470) und im erzgebirgischen Altenberg (1481); es ist nicht überliefert, ob diese Künste mit Göpeln oder Wasserrädern arbeiteten. Für 1439 ist erstmals eine Bulgenkunst belegt, bei der große Ledereimer aus Rindshaut das Wasser förderten. 1482 wurde in Schneeberg ein Bulgenpaternosterwerk eingerichtet. Für das ungarische Neusuhl sind 1474/75 Göpel, Bulgen und Kehrrad belegt. Um 1500 förderte in einem slowakischen Bergwerk ein Kehrrad Wasser aus 500 m Tiefe. In der um 1405 entstandenen “Bellifortis-Handschrift” des Konrad Kyeser findet sich die Zeichnungen einer endlosen Eimerschöpfkette und einer Archimedischen Schraube, jeweils mit Kurbelantrieb; unklar ist, ob diese Entwürfe zur Wasserlösung umgesetzt worden sind. Das gleiche gilt für die Abbildungen von Wasserhebewerken in dem “Liber tertius de ingeneis” des Italieners Taccola (entstanden um 1441); sie zeigen einen Pferdegöpel mit Getriebe und zwei gegenläufigen Wassersäcken (mhd. bulgen), sowie ein horizontales (!) Windrad, welches eine endlose Eimerkette (Becherwerk) antreibt. Der gleiche Autor beschreibt auch ein mehrstufiges Pumpwerk zur Wasserlösung.
Wasserhebewerke dienten auch der Soleförderung, der Entwässerung tief gelegener Felder und füllten die städtischen Hochbehälter, von welchen aus die Laufbrunnen über Leitungsrohre gespeist wurden.
(s. Bergbau, Haspel, Pumpe, Saline, Solegewinnung, Schöpfmühlen, Wasserhaltung, Wasserleitungen)