Webstuhl

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Webstuhl (Gestell zum Weben; mhd. stuol = Gestell, Stuhl, Webstuhl). Im Frühmittelalter wurde der traditionelle senkrecht stehende Gewichtswebstuhl benutzt, bei dem die vertikalen Kettfäden am oberen Querholz, dem „Tuchbaum“ angeschlagen waren und durch am unteren Fadenende befestigte Gewichte aus Ton oder Stein straff gespannt wurden. Diese Zugbelastung bedingte, dass als Kettfäden nur sehr feste Garne verwendet werden konnten. Horizontal, also quer zu den Kettfäden, waren zwei Holzrahmen („Schäfte“) angebracht, auf denen jeweils halb soviel Schnüre („Litzen“) wie Kettfäden aufgespannt waren. Jede Litze hatte auf halber Länge eine Öse, durch die ein Kettfaden geführt war. Den Ösen des einen Schaftes wurde nun jeder zweite Kettfaden, denen des anderen Schaftes die dazwischenliegenden Kettfäden zugeordnet. Der Weber konnte so den Schussfaden – von oben nach unten – zwischen den wechselweise angehobenen Kettfadenreihen hin und her führen. Hierbei brauchte er eine Hand für das Verschieben der Schäfte, die andere zum Führen des Schussfadens. Der Arbeitstakt war: Fachbildung, Schusseintrag (v. lks), Fadenanschlag, Gegenfachbildung, Schusseintrag (v. re.), Fadenanschlag usf. Die Arbeit am Gewichtswebstuhl erbrachte bei einem groben Gewebe mit ca. 12 Schusseinträgen pro cm und bei nur wenigen Schusseinträgen pro Min. eine Stoffbahn von ca. 30 cm pro Stunde. Die Bahnbreite betrug 1 bis 1,2 m.

Eine wesentliche technische Verbesserung stellte der Horizontal-Trittwebstuhl dar, erstmals erwähnt Ende des 12. Jh. in dem Traktat „De nominibus utensilium“ des englischen Magisters Alexander Neckham. Bei dieser neuen Form des Webstuhls waren die Kettfäden horizontal gespannt und die Schäfte wurden durch jeweils einen Fußhebel über eine Mechanik gehoben, sodass der Weber beide Hände für den Schusseintrag mit dem Schiffchen und das Anschlagen des Fadens mit der Lade frei hatte. Je nach Anzahl der Schäfte und damit der Pedale konnten einfache oder komplizierte Muster gewebt werden. Der Arbeitstakt war: Pedal treten – werfen – auffangen – anschlagen – Pedal treten – zurückwerfen usf. Die durchschnittliche Arbeitsleistung am Trittwebstuhl betrug 20 Schuss pro Min. Von einem feineren Stoff mit 20 Schussfäden pro cm konnten demnach stündlich etwa 60 cm gewebt werden. Die Stoffbreite war durch die Armlänge des Webers (beim Schusseintrag) auf etwa 70 cm begrenzt. Breitere Stoffbahnen wurden an entsprechend breiteren Webstühlen gefertigt, an denen dann zwei Weber saßen („flandrischer“ Webstuhl). Die Länge der Stoffbahn war durch die Einführung von zwei drehbaren Walzen, dem Kett- und dem Warenbaum, in weiten Grenzen flexibel: während vom Kettbaum die Kettfäden kontinuierlich abgewickelt wurden, wuchsen die Tuchlagen auf dem Warenbaum zu einem immer dickeren Wickel an. Mit dem Horizontal-Trittwebstuhl konnten also – im Vergleich zum senkrechten Gewichtswebstuhl – Stoffe von größerer und gleichmäßigerer Dichte gearbeitet werden, gleichzeitig wurde die Produktivität erheblich erhöht.

(s. Garn, Weber)

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