Handwerk im Mittelalter

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Die Handwerker waren freie Leute. Zunächst hatte es in der Stadt nur solche Handwerker gegeben, die auch auf dem Lande vorhanden waren: Schmiede, Drechsler, Böttcher, Lederarbeiter. Je weniger sich aber die Städter um ihre Äcker vor den Toren kümmerten, desto mehr kam das Nahrungsmittelgewerbe auf: Bäcker, Brauer, Fleischhauer. Da die Kaufleute ihren Reichtum immer mehr auf der Straße zeigten, wurden Weberei und Bekleidungsgewerbe zunehmend wichtiger.

Als die Städte selbstständig geworden waren und für ihre Ruhe und Freiheit sorgen mussten, wurden die Metallhandwerker, die Messerschmiede, Helmschmiede, Bogner, Panzerschmiede, Huf- und Nagelschmiede wichtiger und zunehmend wohlhabender. Durch diesen Aufschwung stieg auch die Zahl der Handwerker in den Städten. Je größer die Städte wurden, desto weniger beschränkten sich die Handwerker darauf nur das herzustellen was gerade ein Kunde bei ihnen bestellt hatte. Sie begannen auf Vorrat zu arbeiten und wollten ihre Waren wie die Kaufleute auch auf dem Marktplatz verkaufen dürfen. Dabei stießen sie auf erheblichen Widerstand seitens der Patrizier.

Dagegen schlossen sich die Handwerker zu Zünften zusammen, wobei die Stadtregierungen zunächst vergeblich versuchten, sie zu verbieten. Schließlich, nach manchen teils blutigen Kämpfen einigten sie sich darauf, dass sich die Zünfte der Stadt gegenüber verpflichteten, den Bürgern für einen “gerechten Preis” nur gute Ware zu liefern. Im Gegenzug durfte der Bürger seine Ware nur bei den städtischen Handwerkern kaufen.

Im 14. Jh. beanspruchten die Zunftmeister ihren Platz im Rat der Stadt. In manchen Städten gab der Rat nach und die Zünfte erhielten einen Anteil am Stadtregiment. In anderen Städten suchte der Geschlechteradel sich im Alleinbesitz der Macht zu behaupten. Dabei kam es zu Kämpfen, die oft mit Massenhinrichtungen oder Austreibung endeten. In den Städten Oberdeutschlands und an Main und Rhein, deren Reichtum zum größten Teil dem Gewerbefleiß der Handwerker zu verdanken war, siegten meistens die Zünfte. In den Hansestädten Norddeutschlands behielt die Kaufmannschaft das Regiment.

Es gab in den europäischen Städten einen deutlichen Trend zur immer stärkeren Spezialisierung der handwerklichen Produktion, der sich in der Entstehung einer großen Zahl äußerst spezialisierter Zünfte zeigte. Dabei blieb ein sehr erheblicher Abstand zwischen Groß- und Kleinstädten bestehen. Obwohl die Zünfte insgesamt gesehen nicht sonderlich innovationsfreudig waren und häufig Qualitätskontrollen dazu benutzten, um die Einführung arbeitssparender oder qualitätsverbessernde Geräte oder Prozesse zu verlangsamen, nahm das europäische Handwerk viele Neuerungen auf, so die Räderuhr, die Baumwollverarbeitung, die Drehbank, den Antrieb von Mühlen-, Hammer- und Sägewerken durch Wind oder Wasserkraft, die Papierherstellung, den Buchdruck.

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