Bauernregeln

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Bauernregeln (mlat. regulae rusticorum). Der bäuerliche Erfahrungsschatz über Wetter- und Witterungsentwicklung, Zusammenhänge zwischen tierlichem Verhalten und Wetterverlauf, optimale Zeitpunkte für Aussaat und Ernte sowie über zu erwartende Ernteerträge schlug sich in Regelsprüchen nieder, die oft in Reimform gefasst waren. Bei den in Reimen gesetzten Bauernregeln enthält die erste Zeile eine Bedingung, die zweite die Folgerung. Zu den Bauernregeln zählen auch die Sprüche zu bestimmten, meist nach dem christlichen Kalender definierten Lostagen. Bauernregeln wurden bis zum Spätmittelalter fast ausschließlich mündlich überliefert (Ausnahme bei Albertus Magnus, s.u.), die älteste erhaltene Sammlung in dt. Sprache ist das “Wetterbüchlein” des L. Reynmanns (gedruckt 1505). Darin heißt es: “Wenn sich die kellt im wintter lindet alsobald man schnees empfindet. Es seyen dann dunckel wolcken dabey so sag das es ain regen sey.” In einer lat. Abhandlung des Albertus Magnus zur “Vorauskenntnis der Bauern” heißt es dazu entsprechend: “qui in hyeme quando remittur frigus expectant nivem nisi sint nubes obscurae”. Die Regeln waren z.T. nur in bestimmten Gebieten gültig: an den Küsten Norddeutschland mussten sie anderen Bedingungen genügen als etwa am Alpenrand. Die an Lostage gebundenen Regeln haben vielfach durch die Gregorianische Kalenderreform (1582), durch Übertragung auf andere Landschaften oder durch Klimaänderung ihren Sinn verloren.

Einige Beispiele:

a) Witterungsregeln (Bauernregeln, die den Wettercharakter eines längeren Zeitraums vorhersagen):

“Ist bis Dreikönigstag kein Winter, so kommt auch keiner mehr dahinter.”

“Januar warm – dass Gott erbarm!”

“Hornung (Februar) hell und klar, gibt dem Flachs ein gutes Jahr.”

“Donnerts im März, dann frierts im April.”

“Gibts im April mehr Regen als Sonnenschein, wird warm und trocken der Juni sein.”

“Ehe nicht Pankraz, Servaz und Bonifaz (12. – 4. Mai) vorbei, ist nicht sicher vor Kälte der Mai.”

“Regnet es am Siebenschläfertag (27. Juni), es noch sieben Wochen regnen mag.”

Moderne Überprüfungen der Zuverlässigkeit qualitativer Witterungsvorhersagen (wie zu nass, zu kalt, zu trocken usf.) haben ergeben, dass Regeln, die auf Wetterbeobachtungen und nicht auf bloßem Aberglauben beruhen, vielfach eine Trefferquote von ca. 65 % haben, d.h. dass die betreffende Regel in zwei von drei Fällen die richtige Tendenz angibt.

b) Wetterregeln (Regeln, die die Wetterentwicklung der nächsten Stunden oder Tage betreffen, “kurzfristige Wettervorhersage”):

“Ander Wind – ander Wetter.”

“Starker Tau hält Himmel blau.”

“Steigt morgens der Nebel empor, so steht Regen bevor.”

“Wenn der Mond hat einen Ring, folgt der Regen allerding.”

“Morgenrot mit Regen droht.”

“Regenbogen am Morgen macht dem Schäfer Sorgen, Regenbogen am Abend ist dem Schäfer labend.”

“Das Wetter erkennt man am Winde, wie den Herrn am Gesinde.”

Aus Anzeichen wie Wind, Wolken, Nebel usf. wussten Wetterkundige seit je richtige Schlussfolgerungen zu ziehen, auch ohne die zugrundeliegenden physikalischen Zusammenhänge zu kennen.

c) Tier- und Pflanzenregeln (Viele Bauernregeln nutzen das Verhalten von Tieren bzw. Besonderheiten der Flora zu kurz- und langfristigen Wettervorhersagen):

“Wenn die Spinnen im Regen spinnen, wird er nicht lange rinnen.”

“Siehst du die Schwalben niedrig fliegen, wirst du Regenwetter kriegen.”

“Bleiben die Schwalben lange, sei vor dem Winter nicht bange.”

“Hat der Hase ein dickes Fell, wird der Winter ein harter Gesell.”

“Wenn im Hornung die Mücken schwärmen, muss man im März die Ohren wärmen.”

“Fällt das Laub sehr bald, wird der Herbst nicht alt.”

“Viel Eicheln im September, viel Schnee im Dezember.”

(s. Astro-Meteorologie, Bauernpraktik, Eisheilige, Prognostica, Schafskälte, Siebenschläfer)

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