Dachkonstruktion

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Dachkonstruktion. Die Summe aller die Dachhaut tragenden Hölzer ist das Dachwerk. Die Dachhaut selbst wird von der Lattung oder Verbretterung gebildet, auf der die verschiedenen Deckungsmaterialien (Stroh, Reet [Schilf], Holzschindeln, Stein- und Metallplatten, Tonziegel) aufgebracht werden. Die tragende Konstruktion von Holz- und Steinbauten musste stabil genug sein, um der Last der Schalbretter bzw- latten, dem Deckungsmaterial sowie der möglichen Schnee-, Eis- und Windlast standzuhalten.

In römischer Tradition steht das Pfettendach, das sich vom Steinbau der Mittelmeerländer und vom Blockbau des Alpenraumes herleitet; in Ländern, die nicht von den Römern besetzt waren, war das Firstsäulen- und das Sparrendach verbreitet.

Beim Pfettendach (v. spätmhd. pfette; zu spätlat. patena = Firstbaum) liegen den Schrägen der Giebel die Pfetten auf (Firstpfette, Fuß- und gegf. Mittelpfetten), auf denen die Dachsparren verlegt werden. Bei größeren Bauten werden die Außenmauern im Abstand von 3 bis 4 Metern quer zur Längsachse von Dachbindern überbrückt, deren Schrägbalken ein stumpfes gleichschenkliges Dreieck bilden. Die Schrägbalken sind im Scheitelpunkt durch einen Träger (Firstbaum) gegen den waagrechten Deckenbalken (Ankerbalken) abgestützt. Auf den Bindern liegen – parallel zur Firstlinie und vom First zur Traufe abfallend – die Pfetten, welche die an der Traufe weit überstehenden Dachsparren und die darauf befestigte Dachhaut tragen.

Die urtümlichste Dachform nördl. der Alpen war das strohgedeckte Firstsäulendach (Rofendach), bei dem senkrechte Säulen (Firstsäulen) den Firstbalken trugen, von dem sich die schräg abfallenden Rofen zur Außenwand bzw. zunächst zu einer weiteren Pfostenreihe und dann weiter zur Außenwand spannten. Auf diese Weise wurde der überdachte Raum in zwei oder drei Schiffe gegliedert. (s. Hallenbau)

Das steilere Sparrendach stellte in seiner Urform Dach und Hütte zugleich dar. Beim germ. Holzhaus sitzt es auf einer Schwelle, die den oberen Abschluss der Fachwerkwand bildet. Je zwei Sparren bilden mit einem Dachbalken ein festverzimmertes gleichschenkliges Dreieck. Von einer gewissen Länge der Sparren an muss dieses Dreieck durch querliegende Spannriegel (Kehlbalken) ausgesteift werden (Kehlbalkensparrendach). Wo die waagrechten Dachbalken über den Fußpunkt der Sparren vorstehen, wird ein “Aufschiebling” eingefügt, ein Balkenstück, das die Dachschräge (mit geringerer Neigung) über das Balkenende hinaus zur Trauflinie fortführt. Wo die Sparren große Spannweiten überbrücken oder schwere Lasten tragen mussten, wurde ein Stützgerüst (Dachstuhl) aus stehenden Säulen (senkrechte Stützen) oder liegenden Säulen (schrägen Stützen) eingezogen. Das aus der germanischen Bautradition hergeleitete Dach musste, wegen der mitzuberechnenden Schneeauflast, wesentlich steiler sein als das flache Dach nach mittelmeerischem Vorbild (etwa 45° gegenüber 26°). Die ältesten erhaltenen Dachwerke Mitteleuropas finden sich über romanischen Kirchenschiffen und stammen aus dem 12. Jh.

Der Form nach kannte man im Mittelalter über rechteckigem Grundriss Sattel- und Pultdächer. Das Pultdach kann als eine Hälfte des Satteldaches aufgefasst werden; es findet sich an untergeordneten Bauteilen, die sich an einen Hauptbau anlehnen (z.B. an Seitenschiffen von Kirchen oder an Kreuzgängen). Über halbrundem Grundriss (bei Apsiden) baute man Halbkegeldächer. Die Bedachung von eckigen Türmen hatte Sattel-, Pyramiden- oder Rautenform, die von runden Türmen Kegelform. Kirchtürme über quadratischem Grundriss besaßen in der Romanik ein Pyramiden- oder Zeltdach (mit vier oder acht deckungsgleichen Dreiecksflächen), seit der Hochromanik kannte man das Kreuzdach (mit vier zum First hochgezogenen Giebeln und sich überkreuzenden Firstlinien), in der Spätromanik und Frühgotik das Helm-, Rhomben oder Rautendach (mit vier niedrigen Giebeln, von denen Grate bis zu der mitunter sehr hohen Spitze aufsteigen). Eine Sonderform des Satteldaches stellt das Walmdach dar, dessen beidseitiger Abschluss nicht von einem Giebel gebildet wird, sondern durch eine schräge Dachfläche, den Walm. Als älteste Walmdächer in Deutschland gelten die an der Elisabethkirche in Marburg, entstanden um 1280. Von einem “Krüppelwalm” spricht man, wenn die Dreiecksfläche des Walms nicht bis zur Trauflinie heruntergezogen ist. Ma. Beispiel: Rathaus von Michelstadt/Odenwald, aus dem Jahr 1484.

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