Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Drachenblut (Drachenblutharz; mhd. trachen-bluot; grch. kinnabari; lat. sanguis draconis). Bezeichnung eines farblosen, undurchsichtigen Harzes, das aus den Hüllen reifer Früchte der Drachenpalme (Daemenorops draco) ausgeschwitzt wird und sich an der Luft blutrot färbt. Drachenblutpalmen gehören zu der artenreichen Familie der Liliengewächse (Liliaceae) und sind in den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel verbreitet, so auch in Süd- und Ostindien sowie auf den Inseln des malaiischen Archipels. (Der Name Drachenpalme rührt daher, dass anstelle eines abgeschlagenen Blattes zwei neue wachsen, so wie ein Drache für einen abgeschlagenen Kopf deren zwei entwickelt.) Die reifen kirschgroßen Früchte wurden gedörrt, das an der Oberfläche eingetrocknete Harz durch Abschütteln separiert und pulverisiert. Es schmeckt süß, schmilzt bei Erhitzung auf 60-100°unter Entwicklung roter, stark reizender Gase, ist unlöslich in Wasser und löslich in aqua ardens (Alkohol), Essig und pflanzl. Ölen. Nach Europa gelangte es als wertvolle Spezerei durch den Fernhandel über die Weihrauchstraße oder über den Seeweg. Transportiert wurde es als Pulver (Resina Draceana) oder in Form von festen Brocken oder platten Kuchen.
Eine andere Art der Drachenblutpalme (Dracaena cinnabari) wächst auf der Insel Sokotra am Ostausgang des Golfs von Aden. Das Harz dieser Palme (Sokotorisches Drachenblut) wird durch die Rinde des Stammes und der Äste ausgeschwitzt, trocknet an und kann abgekratzt werden. Es war in der Antike und im Mittelalter ein bedeutendes Handelsgut und findet schon in einem Handelsregister des 1. Jh. Erwähnung. – In dem mittelalterliche Lehrbuch „Mappae clavicula“ (9./10. Jh.) wird D. als sanguis draconis aufgeführt.
Seit dem 15. Jh. kam das „Kanarische D.“ der Palme Draceana draco nach Europa, deren Harz ebenfalls aus dem Stamm quillt und an der Luft härtet.
Im Mittelalter fand D. als äußerliches Heilmittel in Form von Salben und Pflastern Verwendung bei der Behandlung von Hautwunden und Verbrennungen, innnerlich bei Atemwegserkrankungen, Durchfall, Nasen- und Gebärmutterblutung sowie Zahnfleischentzündung. Als würzig-herbes Räuchermittel wurde es zu magischen Zwecken (Schutzräucherungen gegen Dämonen) und als Aphrodisiacum („Liebesweihrauch“) gebraucht.
Aus D. gewonnene Farben wurden in der Schriften- und Buchmalerei des Mittelalter verwendet.
In der Sage verleiht ein Bad in D. der Haut eine hieb- und stichfeste Qualität (s. die „Achillesferse“ der grch. Mythologie und der „hürnen Siegfried“ im Nibelungenlied).