Erde, Kugelgestalt der

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Erde, Kugelgestalt der. Das Wissen um die Kugelgestalt der Erde galt in der Antike spätestens seit Aristoteles als bewiesen. Frühchristliche Glaubenslehrer (Augustin, Kosmas Indikopleustes, Lactantius), denen alle antike Wissenschaft als Teufelswerk galt, setzten das Bild einer scheibenförmigen Welt durch, ohne jedoch das Bild der Erdkugel gänzlich vergessen zu machen – wie z.B. die in Asia, Europa und Afrika dreigeteilte Weltkugel in einem dän. Holzrelief des 13. Jh. (König Olaf von Norwegen darstellend), der symbolisch hochbedeutsame Reichsapfel (12. Jh.) oder eine Darstellung Christ als Weltenrichter, eine Weltkugel in der Linken haltend (10. Jh.) beweisen. Das offizielle Scheiben-Modell der Erde, wie es auch Isidor von Sevilla lehrte, wurde erst wieder aufgegeben, nachdem sich die Scholastik um die Mitte des 13. Jh. der Naturphilosophie des Aristoteles geöffnet hatte. (Wolfram von Eschenbach bezeichnet in seinem Willehalm die Erde eindeutig als scheiben-, genauer: als schildförmig. Der Lucidarius nennt die Erde “sinwell”, was sowohl scheiben- als auch kugelförmig bedeuten kann. In der “Mainauer Naturlehre” des Hugo von Langenstein ist sie unzweideutig als “kugeleht” [kugelförmig] beschrieben.)

Beweise für die Kugelgestalt der Erde waren bereits im Altertum geführt worden. Im Mittelalter wird die Form des Erdschattens bei einer Mondfinsternis mit der Kugelgestalt der schattenwerfenden Erde begründet (Beda Venerabilis, Johannes Sacrobosto u.a.). Auch deutete man die unterschiedlichen Aufgangszeiten der Gestirne und Planeten auf verschiedenen Längen oder die unterschiedliche Höhe von Sternbildern auf verschiedenen Breiten als Beweis für eine kugelförmige Erde, ebenso das Verschwinden eines Schiffes am Meereshorizont (abgebildet im “Liber de sphaera” des Johannes von Sacrobosco und in der “Deutschen Sphaera” des Konrad von Megenberg). Der ital. Gelehrte Brunetto Latini (um 1220 – 1294) verdeutlicht die Kugelgestalt der Erde mit einem Bild, auf welchem zwei Männer am oberen Pol der Erdkugel nach entgegengesetzten Richtungen auseinandergehen, um sich am unteren Pol wieder zu treffen.

Die Annahme einer kugelförmigen Erde musste unweigerlich zu der Frage der Umrundbarkeit der Erde führen. Eine Illustration in “L’image du monde” des Walter von Metz (um 1245) zeigt zwei Menschen, die sich auf einer Seite des Globus trennen, in entgegengesetzter Richtung auseinandergehen, um sich auf der anderen Seite wieder zu treffen. So war also bereits im Hochmittelalter die Theorie der Erdumrundung bekannt; die praktische Umsetzung wurde jedoch wegen der Länge der Reise und wegen der grauenerregenden Bedrohungen durch Seeungeheuer, Stürme, Flauten und Nebel, auch wegen beschränkter Bevorratungsmöglichkeit von Wasser und Nahrungsmitteln für undurchführbar gehalten.

(s. Antipoden, Virgil)

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